Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Absichten des Herrn v. Berlepsch, daß er, als die Gegner weiterer Maßregeln 
auf diesem Gebiete den Kampf hinter den Coulissen gerade anläßlich der damals 
im Entwurf vorliegenden Verordnung aufnahmen, sein Verbleiben im Amt 
von dem Erlaß derselben abhängig machte. Er hat durchgesetzt, daß sie als 
preußischer Antrag im Bundesrat eingebracht wurde, der sie zum Beschluß 
erhob. Aber es kann nicht zweifelhaft sein, daß dieser Sieg eine der Ursachen 
zum Rücktritt des Herrn v. Berlepsch geworden ist.“ 
Von den Urteilen der Presse beim Abgang des Ministers v. Berlepsch 
waren diejenigen am härtesten, die aus dem Bismarckschen Lager kamen. 
Die „Berliner Neuesten Nachrichten“ schrieben: „Fast allgemein 
ist der Ausdruck der Genugthuung darüber, daß der Vater aller jener sozial- 
politischen Experimente, die unsere gewerbliche Thätigkeit so schwer belastet 
haben, von der politischen Bühne verschwindet. Wenig erbaut von dem Minister- 
wechsel sind allein die Blätter des Zentrums und der Christlich-Sozialen.“ 
Und an einer andern Stelle: „Das Verdienst des von Freund und Feind 
unbeweinten Handelsministers v. Berlepsch ist es — worin er sich allerdings 
mit mehreren seiner Kollegen teilt —, die produzirenden Stände, namentlich 
die Industrie, nach allen Richtungen hin geschädigt und zwischen ihr und der 
Landwirtschaft an die Stelle einer unauflöslichen Gemeinschaft einen tiefen Riß 
gesetzt zu haben, den zu vermeiden die erste Aufgabe jedes preußischen Ministers 
gewesen wäre."“ 
Die „Hamburger Nachrichten“ ließen sich wie folgt aus: „Wesentlich 
an der Einseitigkeit und an dem Nimmerzurruhekommen ist die auf den Namen 
v. Berlepsch getaufte Periode der Sozialreform gescheitert. Nicht ihre einzelnen 
Maßnahmen an sich, sondern deren Wirkungen auf den durch die Sezial- 
demokratie genährten Geist der Unbotmäßigkeit gaben zu gerechten Beschwerden 
Anlaß. Wenn immer neue sozialistische Pläne auftauchten und bei diesem 
Minister Gehör fanden, so war es nur natürlich, daß die öffentliche Meinung 
in Unruhe geriet, und schließlich das Ministerium Hohenlohe den weisen Schritt 
that, sich von einem so ruhelosen Element zu trennen."“ 
Die „Rheinisch-Westfälische Zeitung“" (Nr. 177 vom 27. Juni 1896) 
schloß einen Artikel, in dem sie an dem Minister auch nicht ein gutes Haar 
ließ: „Der Herr Minister v. Berlepsch starb in Ibsenscher Schönheit. Der 
Boden wankte unter ihm seit langem. Als er in demselben Spalt wie Herr 
v. Caprivi zu verschwinden drohte, ergriff ihn das hilfreiche Zentrum, und 
Herr Bachem trug ihn am 11. Dezember 1894 mit einer langen Rede über 
die gefährliche Stelle. Aber er faßte nie mehr rechten Fuß. Als er sich 
zu Düsseldorf in einer Bankettrede im Wirtschaftlichen Verein am 11. April 
an die Rockschöße des Fürsten Bismarck hängte, schüttelten die „Hamburger 
Nachrichten“ ihn dort schnell herunter, seine Lieblingsorganisation, die Gewerbe- 
gerichte, erwählte zum Redakteur ihres Organs einen Mann, der wegen
	        
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