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angrenzenden Staaten empfohlen. Unter diesen hat die Schweiz bereits im
Jahre 1874 den Abschluß einer Vereinbarung über die gegenseitige Mitteilung
von Totenscheinen angeregt. Auf der andern Seite wird es für notwendig
erachtet, daß bezüglich der Benutzung der vom Ausland übersendeten Urkunden
ein gleichmäßiges Verfahren für das gesamte Reichsgebiet vorgeschrieben und
hierbei namentlich die Frage gelöst werde, ob jene Urkunden vorzugsweise zur
Benachrichrichtigung der Angehörigen oder im öffentlichen Interesse zur Be—
nachrichtigung der Standesbeamten bezw. zu Vermerken in den Standesregistern
zu dienen haben. Auch von seiten Preußens wird eine bestimmte und ein—
heitliche Regelung des mit den übersendeten Urkunden einzuhaltenden Verfahrens
als wünschenswert bezeichnet, dagegen widerraten, den Standesbeamten die
Verpflichtung zur Mitteilung der außerhalb des Wohnsitzes aufgenommenen
Standesakten aufzuerlegen. Hinsichtlich des Verfahrens wird der Anschluß an
das System empfohlen, wonach die auswärtigen Standesurkunden zu den
Sammelakten genommen werden. Maßgebend für diese Vorschläge ist zunächst
die Erwägung, daß der Nutzen der Mitteilung und Konzentrirung der Standes-
urkunden erfahrungsgemäß gering sei und jedenfalls mit der Vermehrung des
Schreibwerks und sonstigen Weiterungen, welche mit dem System der Ver-
pflichtung zur Mitteilung unvermeidlich verknüpft seien, nicht im richtigen Ver-
hältnis stehe. Gegen das Transkriptionsverfahren, dessen allgemeine Einführung
angeregt worden war, wird ferner geltend gemacht, daß dasselbe bei der Vor-
bereitung des preußischen Gesetzes vom 9. März 1874 sowie des Reichsgesetzes
in Erwägung gekommen, jedoch abgelehnt worden sei.“ Hiernach wurde dem
Bundesrat die Entscheidung anheimgestellt, ob und welche Regelung der an-
geregten Fragen für angezeigt erachtet werde. Es wurde alsdann empfohlen,
die einheitliche Regelung in Form eines Nachtrages zur Ausführungsverordnung
des Zivilstandsgesetzes vorzunehmen.
Die Erledigung dieser Frage zog sich bis in die nächste Session des Bundes-
rats hinaus.
Gewerbeordnung. Im Januar 1878 wurden dem Bundesrat von
dem Reichskanzler zwei auf die Gewerbeordnung bezügliche Gesetzentwürfe vor-
gelegt. Der erste dieser Entwürfe, welcher den Titel VII. der Gewerbeordnung
zu ersetzen bestimmt war, regelte die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter
(Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge und Fabrikarbeiter) zu den Arbeitgebern; er be-
handelte insbesondere, mit Rücksicht auf die in der vorigen Reichstagssession
laut gewordenen Wünsche, das Lehrlingsverhältnis, die Frage der Arbeitsbücher
und die Vorschriften der Gewerbeordnung über die Kinderarbeit in den Fabriken.
Während sich dieser Entwurf vorzugsweise auf dem Gebiete des materiellen
Rechts bewegte, hatte der zweite Entwurf die Behandlung der aus dem Arbeits-
verhältnis entspringenden Streitigkeiten zum Gegenstand; er enthielt in Aus-