Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Dritter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1873-1878). (3)

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Anzeigepflicht beim Auftreten gemeingefährlicher Krank— 
heiten. Ein hierauf bezüglicher Gesetzentwurf, den der Reichskanzler dem 
Bundesrat vorlegte, erfüllte nur eine bereits im Jahre 1875 gehegte Absicht. 1) 
Derselbe wurde im Bundesrat angenommen; über seine weiteren Schichsale 
schwebt aber ein Dunkel. Wenigstens hat die sorgsamste Durchsuchung der 
Reichstagsverhandlungen nicht ergeben, daß der Reichstag mit dem Gesetzentwurf 
beschäftigt wurde. Es bleibt nur die Annahme übrig, daß der Kaiser die Ge- 
nehmigung, den Gesetzentwurf in den Reichstag einzubringen, verweigerte, oder 
daß Bismarck es für gut hielt, um diese Genehmigung nicht einzukommen, mit 
andern Worten, den Gesetzentwurf zu den Akten zu schreiben. Wir werden 
später auf einen andern Fall dieser Art zu sprechen kommen, der zu eingehenden 
Erörterungen über die Frage führte, ob der Reichskanzler staatsrechtlich ver- 
pflichtet sei, den von dem Bundesrat genehmigten Gesetzentwürfen ihren regel- 
mäßigen Lauf zu geben. 
Apothekengesetz. In dem Bericht des Bundesratsausschusses für 
Handel und Verkehr über den Entwurf eines Apothekengesetzes wurde zunächst eine 
geschichtliche Darstellung der bisherigen Beratungen über die Angelegenheit ge- 
geben und betont, daß die preußische Regierung zurzeit für zweckmäßig gehalten 
habe, 2) noch von einer einheitlichen Regelung des Apothekenwesens durch Reichs- 
gesetz Abstand zu nehmen, weil nach dem vorliegenden Material die prinzipielle 
Frage, ob die Reform im Wege des Konzessionssystems und insbesondere, ob 
sie unter strenger Durchführung des Systems der Personalkonzession oder durch 
Einführung der freien Veräußerlichkeit und Vererblichkeit für alle Apotheken 
unter Beibehaltung der obrigkeitlichen Prüfung bei der Anlage neuer oder der 
Verlegung bereits bestehender Apotheken zu geschehen habe, noch immer als eine 
recht zweifelhafte erschien. Es waren die Bevollmächtigten der übrigen Staaten 
im Ausschusse geneigt, unter Zugrundelegung des Systems der veräußerlichen 
und vererblichen Konzession in die Beratung einzutreten, doch zeigte sich schließlich 
die Mehrheit geneigt, jetzt von einer Neuregelung des Apothekenwesens durch 
Reichsgesetz Abstand zu nehmen. Bayern war gegen die Vertagung und behielt 
sich die eventuelle landesgesetzliche Regelung der Sache vor. Eine ährliche 
Erklärung gab Württemberg ab. Von preußischer Seite wurde bemerkt, es 
gehe die preußische Regierung davon aus, daß eine legislative Regelung der 
Apothekenangelegenheit seitens der einzelnen Bundesstaaten, soweit sie hier in 
Betracht komme, keinesfalls geeignet sei und auch der Lösung der schwebenden 
1) Den Wortlaut des Entwurfes findet man abgedruckt in der „Nat.-Ztg. Nr. 221 
v. 12. 5. 78. 
2) Die Erklärung, welche der preußische Bevollmächtigte zum Bundesrat in dieser 
Frage im Ausschuß abgab, findet sich wörtlich abgedruckt in der „Nat.-Ztg.“ Nr. 179 
v. 16. 4. 78.
	        
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