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die württembergische Regierung erachte hiernach für angemessen, daß unbeschadet
des jetzt zur Beratung stehenden Gesetzes die für Einführung des Tabakmonopols
erforderlichen Vorbereitungen und Maßnahmen bald in geeigneter Weise ein-
geleitet werden, und behält sich vor, nach Umständen im Plenum einen hierauf
gerichteten Antrag zu stellen. Unter Bezugnahme hierauf habe er nunmehr den
Antrag zu stellen, der Bundesrat wolle beschließen, daß eine Kommission von
Sachkundigen berufen werde, welche die Frage wegen Einführung des Tabak-
monopols in Deutschland der Erörterung zu unterstellen und zutreffenden Falls
die bezüglichen Gesetzentwürfe vorzubereiten hätte.“ Der Antrag wurde den be-
treffenden Ausschüssen überwiesen. Von dem bayerischen Bevollmächtigten wurde
der Voraussetzung Ausdruck gegeben, daß die Aufgabe der Kommission sich auch
auf die Prüfung anderer Formen der Besteuerung zu erstrecken haben werde.
Der Vorsitzende bemerkte hierauf, daß durch die Verweisung des württem-
bergischen Antrags an die Ausschüsse der Stellung in keiner Weise vorgegriffen
werde, welche die einzelnen Bundesregierungen zu dem Antrage einnehmen wollen,
und daß es daher auch der Königlich bayerischen Regierung unbenommen
bleibe, ihre Wünsche hinsichtlich der Aufgabe einer etwa einzusetzenden Kommission
bei der Ausschußberatung geltend zu machen.
Der Gesetzentwurf wurde vom Reichstag der Budgetkommission überwiesen,
was so viel als dessen Ablehnung bedeutete. Im Laufe der Beratung hatte
sich erst Bismarck, dann Camphausen zum Tabakmonopol in Erklärungen aus-
gesprochen, die natürlich der Vorlage der verbündeten Regierungen den Boden
entzogen. Der Schwerpunkt lag aber in folgendem: Während Bismarck die
Ordnung der Finanzverhältnisse des Reichs auf dem von ihm in Aussicht ge-
nommenen Wege als sein letztes hohes Ziel bezeichnet hatte, wurde ihm von
der liberalen Partei als letztes Wort die Forderung einer sogenannten konsti-
tutionellen Steuerpolitik und eines konstitutionellen Reichsministeriums entgegen-
gestellt.
Erhebungen über die Tabakfabrikation und den Tabak-
handel. Die Frage der Tabaksteuer sollte den Bundesrat alsbald von neuem
beschäftigen. Auf der Tagesordnung der Bundesratssitzung vom 20. März 1878
stand nachstehendes Schreiben Bismarcks vom 16. März 1878:1)
Im Auftrage Seiner Mjestät des Kaisers beehrt sich der Unterzeichnete
den beiligenden Entwurf eines Gesetzes, betreffend statistische Erhebungen über
die Tabakfabrikation und den Tabakhandel, und die Feststellung eines Nachtrags
zum Reichshaushaltsetat für das Jahr 1878/79, nebst Motiven dem Bundesrat
zur Beschlußnahme ganz ergebenst vorzulegen.
Der Reichskanzler
v. Bismarck.
1) In Kohls Bismarck-Regesten unerwähnt.