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an Zeit und Kräften mit dem zu erwartenden praktischen Ergebnis nicht im
richtigen Verhältnis stehen, die Allgemeinheit der Zielpunkte aber auf die
wünschenswerte baldige Abhilfe in solchen Fragen, in welchen das Bedürfnis
einer Verbesserung des bestehenden Zolltarifs auch ohne die Vermittlung eines so
umständlichen Apparats festgestellt werden kann, zum Nachteil der beteiligten
Interessen ungünstig einwirken werde. Solche Spezialfragen sind nicht von so
entscheidender Natur, daß es geboten erscheinen könnte, bei der weiteren Erörterung
die gewöhnlichen administrativen Formen, welche eine Zuziehung von Fachmännern
und Industriellen keineswegs ausschließen, zu verlassen.
Die Königlich preußische Regierung meint aber andererseits, daß nach einer
bestimmten Richtung hin dem Verlangen die Berechtigung nicht fehle. Es bezieht
sich dies auf die Eisenindustrie. Bezüglich der letzteren sind die neuesten ein-
greifenden Veränderungen des Zolltarifs eingetreten, welche zur Zeit des größten
Aufschwungs angeregt und beschlossen, aber zur vollen Wirksamkeit erst nach
Ablauf eines längeren Zeitraumes gelangt sind, während dessen die Bedingungen
des Marktes eine wesentliche Veränderung erfahren haben. Wenn behauptet wird,
daß die Schwierigkeiten, mit welchen die deutsche Industrie zurzeit zu kämpfen
hat, durch zollgesetzliche Maßregeln wenn nicht hervorgerufen, doch wesentlich ver-
schärft seien und daß es zu einer dauernden Wiederbelebung und fortschreitenden
Entwicklung notwendig sei, in jener Beziehung wiederum Wandel zu schaffen,
so liegt wenigstens bezüglich der Eisenindustrie ein zeitliches Zusammentreffen
der Notlage mit umfassenden Zollbefreiungen vor.
Ob ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen besteht und
ob die Wiedereinführung von Zöllen das geeignete Mittel ist, der leidenden
Industrie eine wirksame Erleichterung zu verschaffen, wird zwar von anderer
Seite unter Hinweis auf die Ergebnisse der Handelsstatistik für das Jahr 1877,
welche in wichtigen Artikeln der Eisenbranche einen gegen früher nicht verringerten
Ueberschuß der Ausfuhr über die Einfuhr erkennen lassen, bezweifelt. Es ist
jedoch, zumal bei den Bedenken, welche einer unmittelbaren Verwendung den
von der Statistik dargebotenen Ziffern entgegenstehen, ohne eine erschöpfendere
Voruntersuchung nicht wohl möglich, zu einem sicheren Urteil über die Bedeutung
dieser Thatsache und zu einer zutreffenden Würdigung der ihr gegenüber von
seiten der Industrie aufrecht erhaltenen Versicherung zu gelangen, daß die
Konkurrenz nach Eintritt der Zollfreiheit auf dem einheimischen wie auf dem
Weltmarkt nur durch Herabdrückung der Preise auf oder unter den Betrag der
Produktionskosten behauptet werden könne.
Im Hinblick auf die Tragweite der Interessen, welche gerade bei der
Eisenindustrie, als dem nach der Größe der angelegten Kapitalien und nach der
Zahl der mittelbar oder unmittelbar durch sie beschäftigten Arbeitskräfte be-
deutendsten unter den Zweigen der Großindustrie in Frage stehen, und auf die
tiefgreifende Beunruhigung, welche der gegenwärtige Zustand in weiten Kreisen