— 465 —
stempel und gegen die 20 besonders herausgegriffenen Urkundenstempel und somit
für eine weitere Einschränkung der Reichsstempelsteuer gestimmt hatten, als die
Kommission vorgeschlagen hatte, war nicht zu folgern, daß die preußische Regie—
rung durch die Verhandlungen in der Kommission und in den Ausschüssen etwa
andern Sinnes geworden sei, und jetzt sich zu der Auffassung bekenne, welche
von den übrigen Bundesregierungen ihr gegenüber vertreten war. Das sei nicht
der Fall, die preußische Regierung sei noch heute der Ansicht, daß es richtiger
gewesen wäre, die Landesstempelsteuern in Reichsstempelsteuern in ausgedehntem
Umfange umzuwandeln. 1)
Dem Bundesrat wurden von den zustehenden Ausschüssen zwei Gesetz-
entwürfe zur Vermehrung der Einnahmen des Reichs vorgeschlagen. Der erste,
welcher „die Erhebung von Reichsstempelabgaben“ betraf, umfaßte 38 Para-
graphen nebst einem Tarif. Der Entwurf zerfiel in fünf Abschnitte: 1. Aktien
und auf den Inhaber lautende Wertpapiere, 2. Lombarddarlehen, 3. Schluß-
noten und Rechnungen über Wertpapiere, 4. Lotterielose, 5. Allgemeine Bestim-
mungen. Nach letzteren waren dem Bundesrate die Anordnungen wegen
Anfertigung und Debits der Stempelmarken und gestempelten Formulare überlassen.
„Es sind Landesstempelzeichen zu den nach diesem Gesetze reichsstempelpflichtigen
Urkunden nicht ferner verwendbar. Kontraventionen gegen das Gesetz ziehen
eine Ordnungsstrafe von 3 bis 30 Mark nach sich. Hinsichtlich des admini-
strativen und gerichtlichen Strafverfahrens kommen die Vorschriften für das
Wechselstempelsteuergesetz zur Anwendung. Die Geldstrafen fallen dem Fiskus
des Staates zu, der die Strafentscheidung erlassen hat. Unter Behörden und
Beamten sind die betreffenden Landesbehörden und Landesbeamten verstanden.
Jedem Bundesstaat wird von der jährlichen Einnahme an Reichsstempel in
seinem Gebiet, mit Ausnahme der Lotterielossteuer, der Betrag von zwei
Prozent aus der Reichskasse gewährt.“ Der Termin für das Inkrafttreten des
Gesetzes war offen gelassen. — Das Gesetz über den Spielkartenstempel, welches
am 1. Juli 1878 in Kraft treten sollte, erhob 0,50 Mark für jedes Karten-
spiel von 36 oder weniger Blättern und 1 Mark für jedes andere Spiel. Der
Entwurf umfaßte 27 Paragraphen.
Zur Plenarberatung im Bundesrat gelangte der Bericht der Stempelsteuer-
kommission in der Sitzung vom 22. Januar 1878. Zu Stande kam nur das
Gesetz, betreffend den Spielkartenstempel, vom 3. Juli 1878 (Reichs-Gesetzbl.
S. 133).
In Ausführung desselben beantragten die Bundesratsausschüsse für Zölle 2c.,
sowie für Handel und Verkehr sehr umfassende Ausführungsbestimmungen bei
dem Bundesrat, welche sich sowohl auf die Stempelung der Karten bezogen,
als eine Instruktion für die Erhebung, Verrechnung und Kontrollirung des
1) Bundesratsdrucksache Nr. 117 a. a. O.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. III. 30