Berlin, den 19. Dezember 1874.
„Heute setzte ich das bei der Lampe begonnene Studium bis 12 Uhr fort,
trug dann im Justizausschuß über die Konkursordnung bis 4 Uhr vor, hielt
die Herren fest, bis ich über die Hälfte meiner Anträge erledigt hatte, und
erwirkte für den Rest eine Sonntagssitzung für morgen, in welcher ich fertig
werde. Aber dann muß ich dieselbe Sache, geläutert, noch im Bundesrat
vortragen, und die Zusammenbringung vor Weihnacht wird Schwierigkeit haben.
Abends gehe ich zu Bismarck, der wieder fest in seinem Posten sitzt, nachdem
der Reichstag das Entlassungsgesuch durch ein Vertrauensvotum erwidert."“
Berlin, den 20. Dezember 1874.
„Gestern abend Gesellschaft bei Fürst Bismarck, demonstrativ, stark besucht,
auch von Damen.“
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Berlin, den 21. Dezember 1874.
„Gestern entwarf ich in die Nacht hinein (ich blieb den Abend zu Hause)
die Beschlüsse des Justizausschusses zur Konkursordnung; sie wurden heute fest—
gestellt und werden soeben gedruckt. Nach der Verteilung kann die Sitzung
des Bundesrats stattfinden, aber die Bevollmächtigten gehen nach und nach
heim.“
*
Berlin, den 14. Januar 1875.1)
„Die Reise hierher machte ich bis Frankfurt mit dem Dekan Lender.
Natürlich waren wir bald auf dem Kapitel des staatlich-kirchlichen Konflikts.
Wenn auch keiner den andern überzeugt, lernt man bei solchen Besprechungen
doch immer etwas; man hört die Auffassungen, Hoffnungen, Erwartungen des
Gegners. Hoffnung ließ ich ihm für den Fall nicht viel, daß die Kirche nicht
nachgebe. An eine Vereinbarung mit Rom sei ebenso wenig zu denken als
an ein Rückgängigmachen der das Verhältnis von Staat und Kirche regelnden
Landesgesetze durch die Reichsgesetzgebung, welche im Gegenteil dem Gange der
Landesgesetze folgen werde.
„Von 1 bis 4 Uhr saß ich im Bundesrat und Reichstag; Delbrück will,
wenn immer möglich, die Konkursordnung auf Samstag den 16. zum Vortrag
bringen, und ich rechne sicher darauf, in acht Tagen wieder zu Hause zu sein.“
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Berlin, den 16. Januar 1875.
„Heute hatte und habe ich einen geschäftsreichen Tag. Ich stand nach
7 Uhr auf, begann die Arbeit bei Lampenlicht und trug, nachdem ich das
1) Der nächste Aufenthalt v. Freydorfs in Berlin erstreckte sich vom 14. bis 21. Ja-
nuar 1875.