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Ministerialrat Hallwachs
(geboren 23. Dezember 1826).
Dr. Ludwig Hallwachs ist geboren als Sohn des 1860 verstorbenen Großherzoglich
hessischen Wirklichen Geheimen Rats und Präsidenten des Staatsrats Wilhelm Hallwachs
in Darmstadt. 1853 als Staatsanwaltsubstitut angestellt, ging er später in das Hofgericht
der Provinz Starkenburg über. Im Herbst 1866 beteiligte er sich an der Wahlbewegung
für den 19. hessischen Landtag, die er mit der Gründung der konservativ-liberalen Partei
eröffnete. Als Programm für dieselbe bezeichnete er den nationalen Anschluß an Preußen
unter gleichzeitiger Bekämpfung der unter Führung von August Motz stehenden hessischen
Fortschrittspartei, deren extreme politische Anschauungen er verwarf. Mit großer Mehrheit,
gleichzeitig mit dem späteren Ministerialrat Fink als Abgeordneter für Darmstadt in die
zweite Kammer gewählt, gelang es ihm mit seinen Parteigenossen einen vermittelnden
Einfluß auf die in der Kammer bestehenden schroffen Gegensätze der konservativen und
Fortschrittspartei auszuüben. Im April 1867 stellte er mit dem Abgeordneten Dr. Gold-
mann (dermalen Präsident des hessischen Oberkonsistoriums) und weiteren Genossen den
Antrag: die Großherzogliche Regierung zu ersuchen, wegen Ausdehnung des Norddeutschen
Bundes auf alle süddeutschen Staaten, jedenfalls aber wegen Eintritts des ganzen Groß-
herzogtums in den Norddeutschen Bund (dem damals die Provinz Oberhessen bereis angehörte)
mit der Königlich preußischen Regierung sofort in Verhandlung zu treten. Dieser Antrag
wurde im Juni 1867 nach ausführlicher Verhandlung in seinem Wortlaute unter gleich-
zeitiger Bezugnahme auf einen ähnlichen Antrag der Abgeordneten George und Bamberger,
trotz der ablehnenden Haltung der hessischen Regierung, mit großer Stimmenmebrheit an-
genommen, nachdem verschiedene temporisirende Anträge der Abgeordneten v. Gagern,
Dumont, Krötzler, Zentgraf und Wernser verworfen worden waren.
Nachdem am 6. April 1871 Ministerpräsident v. Dalwigk in den Ruhestand getreten
und der Präsident des Ministeriums des Innern v. Bechtold im August 1872 verstorben
war, wurde am 12. September 1872 der bessische Bundesratsbevollmächtigte Hofmann
als Minister des Aeußern und Präsident des Gesamtministeriums berufen. Mit ihm traten
v. Starck und Kempf als Direktoren der Ministerien des Innern und der Justiz in
das Amt.
Der letztere berief im Oktober 1872 den damaligen Hofgerichtsrat Hallwachs als
Ministerialrat in das Ministerium der Justiz. Im Dezember 1874 wurde er in der
Eigenschaft eines stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat anläßlich der Beratungen
über den Entwurf des Personenstandsgesetzes nach Berlin entsandt. Die Organisation der
Standesämter, wonach in Abänderung des Entwurfs und in Nachbildung des hessischen
Edikts über die Ortsgerichte (1852) die Bürgermeister nur insoweit Standesbeamte sind,
als die obere Verwaltungsbehörde keine anderen ernennt, erfolgte hierbei auf seine An-
regung. Anfang August 1884, nach dem Rücktritt v. Starcks und der Uebernahme des
Ministeriums durch Staatsminister Dr. Finger wurde Hallwachs zum Geheimen Staatsrat
ernannt und war als solcher Stellvertreter des Ministers im Ministerium der Justiz. In
demselben Jahre erfolgte durch den Großherzog seine Ernennung zum Mitgliede der evan-
gelischen Landessynode, der er später als gewähltes und dann wieder vom Großherzog
ernanntes Mitglied bis heute angehört.
Vom 7. Oktober bis Mitte November 1895 nahm Hallwachs an den Beratungen
der Justizkommission des Bundesrats über das bürgerliche Gesetzbuch teil. Wegen ein-
getretener Erkrankung mußte er im Dezember genannten Jahres seinen Abschied nehmen.
Am 15. April 1896 wurde er auf sein Nachsuchen unter Ernennung zum Wirklichen