Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Beratung dieser Vorschriften kam es im Bundesrat zu keiner Einigung und es 
wurde die Beschlußfassung auf den Antrag der Hansestädte vertagt. Die Gründe 
dieser Vertagung beruhten nicht allein auf dem Widerspruch der hanseatischen 
Bevollmächtigten, sondern zumeist auf den zahlreichen, jener Opposition zur 
Seite stehenden Eingaben aus allen Teilen der norddeutschen Küstenstaaten, 
welche übereinstimmend gegen die zu umfangreiche theoretische Prüfung gerichtet 
waren und der Befürchtung Raum gaben, jene letztere könnte der Lust zum 
seemännischen Beruf in erheblicher und schädlicher Weise Abbruch thun. Man 
war geneigt, im Sinne dieser Petitionen den Entwurf abzuändern und dabei 
den Vorschlägen der Hansestädte mehr als bisher Rechnung zu tragen. 
Am 25. September 1869 wurde das neue Prüfungsverfahren von dem 
Bundesrat in einer 5 volle Stunden währenden Sitzung festgestellt. Bekannt- 
machung vom 25. September 1869 (B.-G.-Bl. S. 660). Dabei war die 
Arbeit noch immer ein Stückwerk, denn der Bundesrat hatte sich den Erlaß 
der Vorschriften über das Prüfungsverfahren und die Zusammensetzung der 
Kommission ausdrücklich vorbehalten. 
In den wichtigeren Streitpunkten war Preußens Ansicht gegen die der 
Hansestädte und Oldenburgs durchweg obenauf geblieben, obgleich von Olden- 
burg Geh. Rat Buchholtz und von Bremen Senator Gildemeister eigens dieses 
Gegenstandes wegen nach Berlin gekommen waren, anstatt sich durch den braun- 
schweigisch -oldenburgischen und den hanseatischen Geschäftsträger vertreten zu 
lassen. Die Wortführer der Nordseeinteressen (Provinz Hannover eingeschlossen) 
fochten namentlich dafür, daß der Kursus halbjährlich sei statt jährlich, damit 
der Seemann, wenn er von weiter Fahrt heimkehrt, um seine theoretische 
Bildung zu vervollständigen, nicht unter Umständen viele Monate lang müßig 
am Lande zu liegen braucht. Sie faßten auch den Prüfungszwang als einen 
strikt zu interpretirenden auf, und wollten deswegen Flächen= und Körper- 
berechnung, Kubikwurzelausziehen u. dgl. gestrichen haben. Ihre Majorisirung 
durch Preußen, ohne Rücksicht auf die Stimmung in den seemännischen Kreisen 
Hannovers und Schleswig-Holsteins, ließ es in den nautischen Kreisen doppelt 
bedauern, daß der Reichstag die Mitfeststellung dieses tief ins Leben eingreifenden 
Prüfungsverfahrens nicht in Anspruch genommen und durchgesetzt hatte.) 
*) Wie der „Zeitung für Norddeutschland“ berichtet wurde, hatte der Bundeskanzler 
von dem Falle des Schiffes „Lesmona“, deren Mannschaft sich weigerte, das Schiff gegen 
die Angriffe chinesischer Seeräuber zu verteidigen, Veranlassung genommen, auf die Frage 
einzugehen, wie der Wiederkehr ähnlicher, der deutschen Rhederei und Flagge nachteiligen 
Vorfälle vorzubeugen sei. Da als Hauptgrund, aus welchem deutsche Seeleute meist nicht 
fechten wollen, die Unsicherheit wegen ihres und ihrer Hinterbleibenden künftigen Loses im 
Falle der Verstümmelung oder des völligen Unterganges anzusehen war, so batte Graf 
Bismarck Erkundigungen einziehen lassen, wie es in anderen Ländern, namentlich in Eng- 
land und Amerika, nach dieser Richtung hin stehe, und das Ergebnis derselben in einer 
besonderen Denkschrift den Regierungen der Seestaaten zugestellt.
	        
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