Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

— 256 — 
sonen ihrer Bemannung unmittelbar nach dem Unglücksfalle in einen britischen 
Hafen einlaufen oder an der britischen Küste anlegen und daß daraus den 
Beteiligten keine Kosten erwachsen. Von diesen beiden Voraussetzungen hatte 
sich nun nach eingezogener Ankunft nur die erste als zutreffend erwiesen. Da- 
gegen traf die andere Voraussetzung nicht zu, denn die receivers of wreck 
erhielten für ihre Funktionen Gebühren im Betrage von höchstens 2 Pfd. Sterl. 
und liquidirten außerdem die ihnen erwachsenen baren Auslagen zur Erstattung. 
Für die Deckung dieser Gebühren und Auslagen haftete ausschließlich der Wert 
des geborgenen Guts. Mit Rücksicht auf die hieraus sich ergebende teilweise 
Aenderung der dem Bundesratsbeschlusse zu Grunde liegenden Voraussetzungen 
hatte sich der Bundeskanzler nicht für ermächtigt gehalten, die Verpflichtung der 
außerhalb des dreimeiligen Küstenrayons in britischen Gewässern verunglückenden 
deutschen Schiffe zur Zahlung jener Kosten der großbritannischen Regierung 
gegenüber anzuerkennen, und darum den Bundesrat um weitere Beschlußnahme 
ersucht. 
Die Angelegenheit kam erst in der Bundesratssitzung vom 6. Dezember 
1869 zur definitiven Erledigung.“) 
9. Konsulatswesen. 
Im Juni 1869 legte der Kanzler dem Bundesrat eine Denkschrift vor, 
welche die Frage wegen Bevollmächtigung der Bundeskonsuln zur ehe- 
lichen Vereinigung und zur Beurkundung des Personenstandes 
von Bundesangehörigen behandelte. Unter Hinweis auf den Umstand, daß 
namentlich in Mittel= und Südamerika die katholische Geistlichkeit Trauungen 
protestantischer Paare fast immer von deren Uebertritt zur katholischen Kirche 
abhängig macht, war es von mehreren Bundeskonsuln in überseeischen Ländern 
als sehr wünschenswert bezeichnet worden, ihnen das Recht zu verleihen: Ehen 
von evangelischen Bundesangehörigen giltig abzuschließen. Preußen hatte bereits 
durch das Gesetz vom 3. April 1854 seinen Konsuln eine solche Befugnis 
erteilt. Mit dem Eintreten des Bundesverhältnisses kam dieselbe außer Uebung. 
Beim Erlaß des Bundes-Konsulargesetzes vom 8. November 1867 war die 
Ansicht maßgebend, daß diese Frage von Bundes wegen erst dann geregelt werden 
könne, wenn in sämtlichen Bundesstaaten gemeinsame Normen für die Giltigkeit 
*) Hier wurde der Bundeskanzler ermächtigt, der englischen Regierung die Erklärung 
der Zustimmung des Norddeutschen Bundes dazu abzugeben, daß die auf Grund der 
merchant shipping act vom Jahre 1854 fungirenden receivers of wreck oder Friedens- 
richter die Ermächtigung erhalten, die eidlichen Vernehmungen der Mannschaft auch bezüg- 
lich derjenigen deutschen Schiffe zu bewirken, welche in den die britischen Inseln umgebenden 
Meeren außerhalb des dreimeiligen Küstenrayons verunglücken. — 
Das Erfordern des Reichstags, über das Unternehmen der Herstellung eines Nord- 
Ostsee-Kanals Mitteilung zu machen, wurde vom Bundesrat dem Reichskanzler zur Prüfung. 
überwiesen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.