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b. Ein einheitliches „Reglement für die Beförderung von Truppen
und Armeebedürfnissen auf den Staatseisenbahnen und den unter Staats-
verwaltung stehenden Privateisenbahnen im gegenseitigen Verkehr zwischen den
Staatsgebieten des Norddeutschen Bundes, des Königreichs Bayern, des König-
reichs Württemberg und des Großherzogtums Baden“ (und zwar im Kriege
wie im Frieden).)
c. Die Einführung der IV. Wagenklasse auf den Eisenbahnen innerhalb
des Bundesgebiets. Zur Motivirung wurde darauf hingewiesen, daß diese bei
der Mehrzahl der preußischen Bahnen schon eingeführte Einrichtung eine große
volkswirtschaftliche Wichtigkeit habe, da sie die Eisenbahnen auch der weniger
bemittelten Bevölkerung, namentlich der Arbeiterklasse, zugänglich machen. Der
Antrag des Bundeskanzlers ging dahin, der Bundesrat wolle beschließen, die
Bundesregierungen zu ersuchen, mit thunlichster Beschleunigung auf den Staats-
bahnen die IV. Wagenklasse mit einem mäßigen Fahrpreise unter Gestattung der
Mitnahme von Traglasten bis zu 50 Pfund einzurichten, auch mit allen ihnen zu
Gebote stehenden Mitteln eine gleiche Einrichtung für die Privatbahnen zu er-
streben.
Der Ausschuß des Bundesrats für Post= und Eisenbahnwesen schlug vor,
den Bundesregierungen anzuempfehlen, daß sie mindestens versuchsweise mit
thunlichster Beschleunigung auf den Staatsbahnen bei den Lokalzügen die IV.
Wagenklasse mit einem mäßigen Fahrpreise und unter Gestattung der Mitnahme
von Traglasten bis zu 50 Pfund einrichten, auch in geeigneter Weise eine gleiche
Einrichtung bei den Privatbahnen erstreben möchten.
Mit einer solchen Empfehlung war, wie der Bundesrat demnächst aus-
drücklich zu konstatiren veranlaßt war, keineswegs eine Handhabe gemeint, um
von Bundes wegen in die ökonomischen Verhältnisse der Eisenbahnverwaltungen
einzugreifen.
Nach den der „Zeidl.-Korrespondenz“ damals zugegangenen Mitteilungen
hatte der Bundeskanzler das Augenmerk in Betreff der Eisenbahnen hauptsächlich
darauf gerichtet, die Transportkosten für Massentransporte und
künstliche Dungstoffe möglichst herabzusetzen. Es würde dies besonders
für die Eisenbahnen der östlichen Provinzen von eingreifender Bedeutung ge-
wesen sein.
Die auf die Uebernahme des gesamten Eisenbahnwesens auf
den Bund gerichteten Bestrebungen lassen sich, was mir selbst überraschend ist,
lässig sein solle, für diese letzteren anderweitige Bestimmungen mit Genehmigung des Bundes-
kanzler-Amts in Kraft treten zu lassen, bis von Bundes wegen auch für diese Bahnen be-
sondere reglementarische Bestimmungen getroffen sein würden.
*) Ueber die in Berlin geführten Verhandlungen, welche dem Erlasse des Reglements
vorausgingen, vergl. die „Nationalzeitung“ Nr. 303 und 304 vom 3. und 4. Juli 1870.