Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

Angelegenheiten, z. B. bei neuen Gesetzen, die preußische Stimme im Bundes- 
rat abgegeben würde, ohne die übrigen in Preußen verantwortlichen Ressort- 
chefs zu fragen, konnte sich Bismarck nicht denken, „ja die letzteren würden, 
wenn nicht direkt, doch jedenfalls durch ihre Untergebenen, durch höhere Beamte 
ihrer Verwaltung im Bundesrat vertreten sein und würden auf die Feststellung 
des preußischen Votums durch diese Beamte ihren Einfluß üben können.“" — 
„Die Austragung von Meinungsverschiedenheiten muß innerhalb des preußischen 
Ministeriums, muß außerhalb des Bundesrats stattfinden.“ — „Es ist aber 
undenkbar, daß das Verhalten des Bundeskanzlers dauernd und in wichtigen 
Fragen des Einverständnisses des preußischen Ministeriums entbehren könnte."“ 
Ferner: „Es ist Sache des Bundeskanzlers, sich mit seinen Kollegen, den 
preußischen Ministern, in derjenigen Fühlung zu erhalten, daß er in erheblichen 
politischen Fragen weiß, wie weit er im Bundesrat gehen kann, ohne daß er 
der Unterstützung des preußischen Ministeriums, zu dem er gehört, verlustig geht.“ 
Am 28. März bemerkte Bismarck, bei Bekämpfung des Antrages auf Errichtung 
eines Oberhauses, er könne sich nicht leicht denken, wie ein solches zwischen dem 
Bundesrat und dem Reichstag als ein Mittelglied eingeschoben werden könne, 
das dem Reichstage in seiner Bedeutung auf der sozialen Stufenleiter einiger- 
maßen überlegen wäre und dem Bundesrate und dessen Vollmachtgebern hin- 
reichend nachstände, um die Klassifikation zu rechtfertigen. „Der Bundesrat 
repräsentirt bis zu einem gewissen Grade ein Oberhaus, in dem Se. Majestät 
der König von Preußen primus inter pares ist, und in dem derjenige Ueber- 
rest des hohen deutschen Adels, der seine Landeshoheit bewahrt hat, seinen 
Platz findet. Dieses Oberhaus nun dadurch zu vervollständigen, daß man ihm 
nichtsouveräne Mitglieder beifügt, halte ich praktisch für zu schwierig, um die 
Ausführung zu versuchen. Dieses souveräne Oberhaus aber in seinen Bestand- 
teilen außerhalb des Präsidiums so weit herunterzudrücken, daß es einer Pairs- 
kammer ähnlich würde, die von unten vervollständigt werden könnte, halte ich 
für unmöglich, und ich würde niemals wagen, das einem Herrn gegenüber, 
wie der König von Sachsen ist, auch nur anzudeuten. Der hauptsächliche 
Grund aber, warum wir keine Teilung des Reichstags in zwei Häuser vor- 
geschlagen haben, liegt immer in der zu starken Komplizirung der Maschine. 
Die Gesetzgebung des Bundes kann schon durch einen anhaltenden Widerspruch 
zwischen dem Bundesrat und dem Reichstag zum Stillstand gebracht werden, 
wie das in jedem Zweikammersystem der Fall ist; aber bei einem Dreikammer- 
system — wenn ich einmal den Bundesrat als Kammer bezeichnen darf — 
würde die Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit dieses Stillstandes noch viel näher 
liegen, wir würden zu schwerfällig werden.“ 
Am 17. April 1867 verkündete Bismarck die Annahme der vom Reichs- 
tag amendirten Verfassung durch die norddeutschen Regierungen, und dem 
Zusammentritt des Bundesrats stand nunmehr ein Hindernis nicht mehr im
	        
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