Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

— 56 — 
Hatte Generalpostdirektor v. Philipsborn schon während des Krieges gegen 
Oesterreich eine aufopfernde Thätigkeit bei Einrichtung und Unterhaltung der 
Feldpostanstalten entfaltet, so trat demnächst anläßlich der Errungenschaften 
des Jahres 1866 eine Fülle von Aufgaben an ihn heran; zunächst der Ueber— 
gang des gesamten früheren Thurn= und Taxisschen Postwesens auch außerhalb 
der an Preußen gefallenen Staaten und Gebietsteile in preußische Verwaltung 
und die Umgestaltung der Postverhältnisse in den neuen Provinzen Schleswig- 
Holstein und Hannover nach preußischen Grundsätzen. 
Nach Artikel 48 der Verfassung des Norddeutschen Bundes sollten das 
Post= und Telegraphenwesen im ganzen Gebiet des Bundes als einheitliche 
Verkehrsanstalten verwaltet werden. Oberster Chef der Post und Telegraphie 
war nach der Verfassung der Bundeskanzler Graf Bismarck. Das preußische 
Generalpostamt, umgewandelt in das Generalpostamt des Norddeutschen Bundes, 
wurde als eine Abteilung des Reichskanzer-Amts eingerichtet, an dessen Spitze 
der Staatsminister Dr. Delbrück stand, der aber alles Technische natürlich 
Philipsborn und nachher Stephan überließ. 
Der 1. Januar 1868 brachte mit der Aufnahme der kböniglich sächsischen 
sowie der mecklenburgischen, braunschweigischen und oldenburgischen Landesposten in 
die Bundesverwaltung neuen Gebiets= und Arbeitszuwachs. Mit den süddeutschen 
Staaten und mit Oesterreich-Ungarn mußten anderweite Postverträge abgeschlossen 
und die Betriebsvorschriften für den Verkehr mit diesen Staaten auf Grundlage 
der neuen Verhältnisse umgeformt werden. Postzwang und Garantie sowie 
die übrigen das Postwesen betreffenden Materien wurden durch Gesetz vom 
2. November 1867 für den Gesamtumfang des Norddeutschen Bundes ein- 
heitlich geregelt, ebenso das Portofreiheitswesen durch Gesetz vom 5. Juni 1869. 
Von den sonstigen wichtigen Verkehrserleichterungen, welche sich unter Philips- 
borns Verwaltungsführung vollzogen haben, sind besonders hervorzuheben die 
Einführung der Postanweisungen, dieses so unentbehrlich gewordenen Mittels 
für die Versendung kleiner Geldbeträge, und die durch Gesetz vom 4. No- 
vember 1867 erfolgte Festsetzung des Briefportosatzes von einem Silbergroschen 
für alle Entfernungen im gesamten inneren Verkehr. Nach seinem Rücktritte aus 
dem Staatsdienst (April 1870) bekleidete er noch einige Zeit die Stelle des 
Präsidenten der Preußischen Zentral-Bodenkreditgesellschaft. — Man kann sich denken, 
daß die wichtige Stelle, die Philipsborn bekleidete, ihn in nahe Beziehungen zu 
Bismarck brachte; ) doch waren dieselben nicht so enge, wie die zu seinem Bruder, 
dem Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt, auf den wir weiter unten zu sprechen 
kommen. Auf der ersten parlamentarischen Soirée bei Bismarck, bei der der 
rote Becker auf den Unfug anspielte, den die Fürsten mit der Post und Tele- 
*) 16. August 1867 Arbeit Bismarcks mit Delbrück und Philipsborn nach der Sitzung 
des Bundesrats, 31. Oktober 1867 Vorstellung der höheren Beamten des Postressorts durch 
Philipsborn im Konferenzsaal des Generalpostamts. 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.