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graphie getrieben, erwiderte der Kanzler, er wisse von noch viel stärkeren Stücken;
erzählen könne er sie aber nicht; er habe die Mitteilungen vom General-
postdirektor v. Philipsborn, „der weiß noch viel tollere Dinge als ich.“)
Als dem Bundeskanzler Anfangs Dezember 1869 ein Projekt über die
Benutzung der Post zu einer Anstalt für Lebensversicherung, Altersversicherung
und Sparkassen vorgelegt wurde, überwies er die Prüfung dieses Planes dem
Generalpostdirektor.)
Zuletzt ließ das Verhältnis Bismarcks zu Philipsborn entschieden zu
wünschen übrig. Vielleicht wirkte der Umstand mit, daß derselbe das ihm von
dem Ministerpräsidenten angebotene Portefeuille des preußischen Handelsministe-
riums ausgeschlagen hatte.
Geheimer Ober-Justizrat Dr. Pape)
(geboren 13. September 1816, gestorben 11. September 1888).
Von der Gründung des Norddeutschen Bundes ab bis zu seinem Aus-
scheiden aus dem Bundesrat (Juli 1870) war Pape die Seele der Justizgesetz-
gebung, und zwar sowohl im Bundesrat wie im Reichstag.
Er war Mitglied der vom Bundesrat zur Ausarbeitung des Entwurfs
einer „Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für die Staaten des
Norddeutschen Bundes“ berufenen Kommission, deren Beratungen am 3. Januar
1868 durch den Bundeskanzler in Person eröffnet wurden und am 20. Juli 1870
endigten; Ior. Pape als Referenten und Mitglied des Redaktionsausschusses fiel
die Hauptarbeit zu. Vier wichtige Bundesgesetze: die Gesetze über Aufhebung
der Schuldhaft und über den Lohnarrest, beide gleichfalls von Dr. Pape be-
arbeitet, das Gesetz über die Gewährung der Rechtshilfe und das Genossenschafts-
gesetz, an denen er hervorragend teilnahm, haben in den Beratungen der
Kommission teils ihren Ursprung gehabt, teils ihre letzte Form erhalten. Die
Novelle über die Aktiengesellschaften vom 11. Juni 1870 vertrat Dr. Pape
im Reichstag noch, nachdem er durch Patent vom 2. Januar desselben Jahres
zum Präsidenten des Bundes-Oberhandelsgerichts ernannt war.
Hier beginnt für ihn eine neue, der höchsten Richterthätigkeit gewidmete
*) „Fürst Bismarck und die Parlamentarier“ Bd. I. (2. Aufl.) S. 28.
*) Aktenstücke zur Wirtschaftspolitik des Fürsten Bismarck Bd. I. S. 140.
*“*) Ueber die Wirksamkeit Papes und seine ganze Beamtenlaufbahn brachte der „Reichs-
anzeiger“ Nummer 233 vom 12. September 1888 eine sehr ausführliche Darstellung. Dar-
nach erhielt derselbe seine erste definitive Anstellung bei dem Kreisgericht Stettin; es folgte
Juli 1856 die Ernennung zum Kreisgerichtsrat, September 1856 zum Rat beim Appellations-
gericht in Königsberg, 1858 Absendung in die Hamburger Kommission zur Beratung
eines gemeinsamen deutschen Privatseerechts, 1859 Ernennung zum Geheimen Justizrat und
vortragenden Rat im Justizministerium, 1861 zum Mitglied der Kommission zur Revision
des preußischen Zivil= und Strafprozeßrechts, 2. August 1867 Beförderung zum Geheimen
Ober-Justizrat.