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2. Präsidium (Reichsbeamte).
Errichtung von Reichsministerien. In der Bundesratssitzung vom
24. März 1884 wurde von dem Koönigreich Sachsen zu der Frage der Er-
richtung des verantwortlichen Reichsministeriums nachfolgende Erklärung ab-
gegeben: „Das durch die Zeitungen veröffentlichte Programm der neugebildeten
„deutschen freisinnigen“ Partei bezeichnet als eines der von der Partei vorzüglich
zu erstrebenden Ziele: die gesetzliche Organisation eines verantwortlichen Reichs-
ministeriums. Bereits bei der Beratung der Verfassung des Norddeutschen
Bundes in der 19. Sitzung des konstituirenden Reichstags vom 26. März 1867
und bei der Beratung des auf Errichtung verantwortlicher Bundesministerien
gerichteten Antrags der Abgeordneten Twesten und Graf Münster in der
20. Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 16. April 1869 ist von seiten
der Vertreter der verbündeten Regierungen und insbesondere dem damaligen
Bundeskanzler Grafen v. Bismarck der Nachweis geführt worden, daß die Ein-
richtung eines kollegialen verantwortlichen Bundesministeriums mit der ver-
fassungsmäßigen Stellung des Bundesrats als des beschließenden Organs der
verbündeten Regierungen unvereinbar ist und mit den von den Regierungen
vertragsmäßig vereinbarten Grundlagen, auf welchen die Reichsverfassung beruht,
in unlöslichem Widerspruch steht. Seit jener Zeit sind direkte Anträge auf
Schaffung eines verantwortlichen Reichsministeriums zwar im Reichstage nicht
wiederholt worden. Nachdem jedoch die numerisch stärkste Fraktion des Reichs-
tags die Organisation eines verantwortlichen Reichsministeriums ausdrücklich zu
einem wesentlichen Teil ihres Programms gemacht hat, steht zu erwarten, daß
bei den nächstbevorstehenden Wahlen zum Reichstag die Agitation ganz be-
sonders auf diesen Zielpunkt hin gerichtet werden wird. Nach Ansicht der
Königlich sächsischen Regierung kann zwar kein Zweifel darüber bestehen, daß
die verbündeten Regierungen zu einer Aenderung der Reichsverfassung, wie sie
durch die Errichtung eines verantwortlichen Reichsministeriums bedingt sein
würde, nicht die Hand bieten werden. Angesichts der Wahlen aber hält die-
selbe für dringend wünschenswert, daß das Vertrauen zur Festigkeit und Un-
wandelbarkeit der vertragsmäßigen Grundlage der Reichsverfassung durch eine
gemeinsame Willenserklärung der verbündeten Regierungen gestärkt werde, und
ist der Bevollmächtigte für das Königreich Sachsen daher beauftragt, einen
Meinungsaustausch im Bundesrat über diesen Gegenstand anzuregen."
Der württembergische Bevollmächtigte erklärte darauf: „Darüber, ob der
Bundesrat Veranlassung zu einer Willenserklärung über den Gegenstand habe,
e
betreffend die Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit gegen einen nicht deutschen Staat
und dessen Staatsoberhaupt („Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 170 v. 9. 4. 84 u. „Nat.-Ztg.“
Nr. 223 v. 10. 4. 84) zog sich in die nächste Session des Bundesrats hinaus.