Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Am 15. April 1884 beantragte der Reichstagsabgeordnete Dr. Frege in 
einer Vertrauensmännerversammlung seines Wahlkreises (Borna in Sachsen) 
eine Adresse an Bismarck, worin demselben für die kräftige Initiative Preußens 
in der Frage der Reichsministerien der Dank des Wahlkreises ausgesprochen 
wurde. Diese Adresse hatte folgenden Wortlaut: 
„Die am 15. April in Kieritzsch versammelten Vertrauensmänner des 
14. sächsischen Reichstagswahlkreises sprechen Eurer Durchlaucht ehrerbietigsten 
und freudigsten Dank aus für die hochbedeutsame Kundgebung der Präsidial- 
macht des hohen Bundesrats vom 5. April d. J. in der festen Ueberzeugung, 
daß diese ebenso verfassungstreue wie bundesfreundliche Haltung, welcher jene 
denkwürdige Erklärung Ausdruck giebt, die sicherste Bürgschaft bietet für Auf- 
rechterhaltung aller der großen Errungenschaften, welche die deutsche Nation 
Eurer Durchlaucht verdankt, und erblicken in dieser Einstimmigkeit des hohen 
Bundesrats gegenüber unberechtigten vertragswidrigen Forderungen einer nur 
Bedeutung eine parlamentarische Niederlage erlitt. Wähnt irgend jemand, daß Deutsch- 
land die mächtige, einflußreiche Stellung bewahrt hätte, welche es nicht bloß im Jahre 
1870/71 im blutigen Kampfe erstritt, sondern wesentlich auch der uneigennützigen konsequenten 
Friedenspolitik des Kaisers Wilhelm und seines Kanzlers verdankt? Im Ausland hört 
man oft das Wort: „Fürst Bismarck allein bedeute eine Armee für Deutschland.“ Ver- 
meint die deutsche freisinnige Partei, daß man das gleiche etwa auch sagen würde, wenn 
einer ihrer Führer jetzt die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten Deutschlands zu über- 
nehmen hätte? Würde es einem Minister, der mit parlamentarischen Mehrheiten zu rechnen 
hätte, der vielleicht nur wenige Jahre oder Monate im Amte wäre, gelungen sein, Oester- 
reich mit Italien zu versöhnen und fast ganz Europa zu einer Friedensliga zu vereinigen? 
Denke man sich ferner, daß der preußische Kriegsminister oder der Chef der Admiralität 
seit dem Jahre 1870 alljährlich wegen einer Niederlage im Reichstag gewechselt hätte, wie 
dies in Italien der Fall gewesen ist. Hätten wir dann noch eine festgefügte, furchtgebietende, 
immer vorwärtsstrebende Armee, hätte sich die junge deutsche Marine nach einem festen, 
wohlerwogenen Plane entwickeln können, wie sie sich zur Freude der Nation entwickelt hat? 
Hält man es für möglich, die Einmütigkeit unter den fünfundzwanzig Regierungen der 
deutschen Bundesstaaten aufrecht zu erhalten, wenn heute Herr Eugen Richter, morgen Herr 
v. Kleist-Retzow, übermorgen Herr Windthorst das Amt des Reichskanzlers bekleidete 2“ Es 
wurde sodann des weiteren ausgeführt, daß ein verantwortliches Ministerium auch dem 
durch die Reichsverfassung gewährleisteten Verhältnis der Einzelstaaten zum Reiche und dem 
Anteile des Organs der verbündeten Regierungen — des Bundesrates — an der Re- 
gierung des Reiches Abbruch thun würde. Diese Erwägungen hätten die Königlich sächfische 
Regierung bestimmt, die Bekämpfung des Versuches der freisinnigen Partei anzuregen. Zu 
ihrer lebhaften Befriedigung sei sie dabei der vollen Uebereinstimmung mit ihren An- 
schauungen bei sämtlichen verbündeten Regierungen und insbesondere auch bei der Königlich 
preußischen Regierung begegnet. Die Erklärung der preußischen Regierung und die von 
allen Regierungen bekundete Zustimmung zu derselben sei eine hochbedeutende Kundgebung, 
„welche wesentlich dazu beitragen wird, das Vertrauen zur Festigkeit und Unwandelbarkeit 
der Grundlagen unseres nationalen Verbandes bei allen Freunden des Vaterlandes zu 
kräftigen“. Vergl. auch andere Besprechungen in der „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 167 v. 8. 
4. 84, der „Post“ Nr. 98 u. 99 v. 8. u. 9. 4. 84, der „Nat. Ztg.“ Nr. 225 v. 11. 4. 84.
	        
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