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seits noch einer klaren Regelung der einschlägigen Verhältnisse. In der Er—
wartung, daß die hierüber im Gange befindlichen Verhandlungen zu einem
befriedigenden Ergebnis führen werden, erscheint es unter den obwaltenden
Umständen angezeigt, in Ausübung der durch § 2 des Gesetzes vom 10. Sep—
tember 1883 gegebenen Ermächtigung die gedachten Zollermäßigungen auch
diesen beiden Staaten einzuräumen.“
In der Sitzung des Bundesrats vom 24. Oktober 1883 wurde dem Ent-
wurfe von Ausführungsbestimmungen wegen Ausdehnung der Zollermäßigungen
des deutsch-italienischen und deutsch-spanischen Handelsvertrages die Zustim-
mung erteilt.
In der Sitzung vom 20. Dezember 1883 teilte der Vorsitzende der Ver-
sammlung mit, daß für die deutsche Einfuhr nach der Türkei an Stelle des
in Ausführung des Artikels 16 des Handelsvertrags zwischen dem deutschen
Zollverein und der Türkei vom 20. März 1862 vereinbarten türkischen Zoll-
tarifs, dessen Revision beantragt worden, bis zur Vereinbarung eines neuen
Zolltarifs wieder der in Artikel 5 des genannten Vertrages vereinbarte all-
gemeine achtprozentige Wertzoll getreten ist. Die Ausschußanträge, betreffend
Ursprungsbescheinigung für die unter Ziffer 2 der Ausführungsbestimmungen
zu den Handelsverträgen mit Italien und Spanien bezeichneten Gegenstände
bei dem Eingang aus dem Hamburger Freihafengebiet, wurden genehmigt. 1)
Abänderung des Zolltarifs. Ende Mai 1884 legte Bismarck dem
Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zoll-
tarifgesetzes vom 15. Juli 1879,5) vor. Die Nationalliberalen hatten in ihren
Erklärungen wiederholt eine Ruhepause in der Zolltarifreform verlangt; eine
„ehrliche Probe“ auf das jetzige System. Darauf gaben die Motive denn
alsbald die Antwort: „Es würde den wirtschaftlichen Interessen, deren Pflege
der Zolltarif in erster Linie zu dienen hat, zuwiderlaufen, wenn die Gesetz-
gebung den nunmehr seit nahezu fünf Jahren in Geltung stehenden Tarif, wie
es von einigen Seiten verlangt ist, in allen seinen Bestimmungen als etwas
zunächst Unabänderliches ansehen wollte."
Der Bundesrat zeigte sich diesmal noch schutzzöllnischer als der Reichs-
kanzler; denn derselbe nahm in seiner Sitzung vom 13. Juni 1884 den Entwurf
1) „Nat.-Ztg.“ Nr. 615 v. 22. 12. 83. „Nordd. Allg. Ztg.“ Nr. 129 v. 16. 3. 84
(Bundesratsbeschluß vom 28. Febr. 1884 wegen Bremen-Altona). Schultheß Geschichts-
kalender 1883 S. 142 giebt für den obigen Bundesratsbeschluß vom 24. Okt. das falsche
Datum 15. Oktober.
2) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen. Wortlaut der Vorlage „Nordd. Allg. Ztg.“
Nr. 246 v. 28. 5. 84. „Nat.-Ztg.“ Nr. 319 v. 29. 5. 84; Nr. 320 v. 29. 5. 84.
„Die Post“ Nr. 146 v. 30. 5. 84. Nach Schultheß Geschichtskalender 1884 S. 61 datirt
die Vorlage des Reichskanzlers vom 28. Mai 1884.