— 172 —
Falk eingerissen zu haben, dürfen auf das Zeugnis der „Germania“ verwiesen
werden, welche im Oktober 1880, also nach einjähriger Amtsthätigkeit, Herrn
v. Puttkamer das folgende Zeugnis ausstellte: „Der Kulturkampf wütet wie
unter Falk, die Verurteilungen wegen Verrichtung priesterlicher Funktionen
dauern fort, in Posen macht Militär und Polizei Jagd auf Geistliche, welche
die heilige Messe lesen und die Sakramente spenden. Ja, der konservative
Oberpräsident von Schlesien weist dem Häuflein Altkatholiken in Neisse einen
Teil des Kirchenvermögens zu und verbrieft ihnen neuerdings den Gebrauch
des römisch-katholischen Gotteshauses. Das katholische Volk leidet wie bisher."
Auf dem Gebiete der Schule nahm Puttkamer für den Staat auch ferner
das Recht in Anspruch, über Art, Maß und Umfang der kirchlichen Beteiligung
an der Pflege der Schule zu bestimmen — und er erklärte, daß auch von
einer Aenderung der Anwendung des Schulaufsichtsgesetzes im großen und
ganzen nicht eher die Rede sein könne, als bis dem Staate von seiten der
katholischen Kirche die thatsächliche Anerkennung seines unveräußerlichen Gesetz-
gebungsrechts zu teil werde.
Sehr entschieden ist dieser Gedanke ausgesprochen in einem Erlasse, mit
welchem Puttkamer im September 1879 seine Thätigkeit als Kultusminister
inaugurirte, und der bereits mit aller Bestimmtheit die Angriffe der Klerikalen
auf jenes Fundament des preußischen Schulrechts abwies. Dieser Erlaß war
die Antwort auf eine Vorstellung der katholischen Geistlichkeit Westfalens „wegen
schleuniger Beseitigung der Hindernisse, welche den katholischen Geistlichen bei
Erteilung und Leitung des Unterrichts bereitet werden“, und lautete in der
Hauptsache:
„Eure Hochwürden und Ihre mitunterzeichneten Herren Amtsbrüder gehen
davon aus, daß das Schulaufsichtsgesetz vom 11. März 1872 die Schule
derartig für eine Veranstaltung des Staates erklärt habe, daß die Aussicht
über dieselbe mit Ausschluß jeder andern Berechtigung lediglich im staatlichen
Auftrage geführt werden solle, und daß damit der organische Verband, welcher
zwischen Volksschule und Kirche bestanden habe, gelöst worden sei. Durch die
Ausführung dieses Gesetzes sei ein Gegensatz zwischen Schule und Kirche her-
gestellt, welcher, wenn er andauern sollte, den Klerus zwingen müßte, die
katholischen Eltern vor einem das kirchliche Leben schadigenden Einfluß der
Schule zu warnen.
Ich verzichte darauf, die in diesem letzten Satze von seiten des Klerus
dem Staate eröffnete Perspektive bis in die Konsequenzen hinein zu verfolgen,
welche sie notwendig auch für das kirchliche Interesse haben müßte, möchte
auch die weiter aufgeworfene Frage unerörtert lassen, ob gegenüber der gegen-
wärtigen Handhabung der Schulleitung die Freiheit des katholischen Bekennt-
nisses in Preußen gesetzlich noch gesichert sei. Aber darauf sehe ich mich
genötigt, bestimmt hinzuweisen, daß der Ausgangspunkt Ihrer Deduktionen,