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Deutschland gelangt, derart gehäuft, daß die Reichsregierung nicht umhin konnte,
der Sache näher zu treten. Es wurde konstatirt, daß die amerikanischen Fässer
nur zum Teil den Weg nach Amerika zurücknehmen, die übrigen aber vielfach
noch zu gewerblichen Zwecken, sei es als Petroleumfässer für Oelheim u. s. w.,
sei es für die chemische Industrie, ja sogar für Nahrungs- und Genuß—
mittel verwendet wurden. Daß hierbei die deutsche Böttcherei sehr wesentlich
zu Schaden kam, lag auf der Hand, der Zoll von 10 Mark, welcher für
Böttcherwaren festgesetzt war, kam in diesem Falle nicht in Betracht, da die
Bruttoverzollung bei Petroleum nur 6 Mark beträgt. Zur Abhilfe des Miß-
standes beantragte Bismarck im November 1884, der Bundesrat wolle sich
damit einverstanden erklären, daß die Fässer, in welchen Petroleum in Deutsch-
land eingeführt wird, dem Zollsatze für Böttcherwaren, also 10 Mark, unter-
worfen werden sollen. 1) Die freihändlerische Presse behauptete, daß die Maßregel
auf eine Erhöhung des bestehenden Petroleumzolles hinauslaufe. Die Beschluß-
fassung des Bundesrats zog sich in die nächste Session desselben hinaus.
Novelle zum Zollvereinigungsvertrag. Am 10. März 1885 2)
legte Bismarck dem Bundesrate einen Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung
des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867, vor, welcher bezweckte, die
letzte Zolltarifnovelle mit der Mahl= und Schlachtsteuer, namentlich gegenüber
dem Sperrgesetz in Einklang zu bringen. Die Vorlage fand die Zustimmung
des Bundesrats und des Reichstags.
Zollanschluß Bremens. In der Bundesratssitzung vom 6. No-
vember 1884 wurden für den Fall des Anschlusses Bremens an das Zoll-
gebiet die von den Ausschüssen für den Vollzug desselben vorgeschlagenen
Modalitäten genehmigt. Hierauf stellte der bremische Bevollmächtigte unter
Bezugnahme auf diesen Beschluß und unter der Voraussetzung, daß der von
den Ausschüssen vorgeschlagene, an Bremen zu zahlende Reichsbeitrag reichs-
gesetzlich genehmigt werde, den im Artikel 34 der Reichsverfassung vorgesehenen
Antrag: den Anschluß Bremens an das Zollgebiet zu beschließen. Der
Bundesrat erhob den Antrag der Ausschüsse mit der Maßgabe zum Beschluß,
daß dieser Beschluß erst nach reichsgesetzlicher Genehmigung des erwähnten
Reichsbeitrages in Wirksamkeit treten solle.
1) Vergl. über diese von der Freihandelspartei sehr angefeindete Vorlage Bismarcks,
welche in Kohls Bismarck-Regesten übersehen ist, die „Nat.-Ztg.“ Nr. 649 v. 28. 11. 84.
Nr. 653 v. 29. 11. 84; die „Königsberger Hartungsche Ztg.“ Nr. 283 v. 2. 12. 84.
„Frankf. Ztg.“ Nr. 343 v. 8. 12. 84; „Magdeb. Ztg.“ Nr. 568 v. 3. 12. 84; „Vossische
Ztg.“ Nr. 587 v. 14. 12. 84 u. Nr. 589 v. 16. 12. 84; „Weser-3tg.“ Nr. 13 654
v. 30. 12. 8S4.
2) In Kohls Bismarck-Regesten übersehen. Nr. 47 der Drucks. in der S. 94 Note 4
citirten Quelle.