Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Zu Anfang des Jahres 1888 wurde Herrfurth von dem Fürsten Bis- 
marck dazu ausersehen, den damaligen Prinzen Wilhelm praktisch in die Ge- 
schäfte der Staats-Zivilverwaltung einzuführen, womit zugleich theoretische 
Vorlesungen durch Professor Gneist in Verbindung gebracht werden sollten. 
Dieser Plan gelangte jedoch nicht zur Ausführung. 
Am 2. Juli 1888 wurde Herrfurth auf Vorschlag des Fürsten Bismarck 
als Nachfolger des Ministers v. Puttkamer zum Staatsminister und Minister 
des Innern ernannt. Infolge dessen legte er sein Mandat als Bundesrats- 
bevollmächtigter für Waldeck und Pyrmont nieder und erhielt im Oktober 1888 
die Ernennung zum Bundesratsbevollmächtigten für Preußen. 
Dem neuen Minister des Innern lag in erster Linie die Aufgabe ob, die 
Organisation der inneren Verwaltung, durch Einführung des Gesetzes über die 
allgemeine Landesverwaltung und des Zuständigkeitsgesetzes in die Provinz 
Posen, für die einzige dieser Gesetzgebung noch nicht unterstellte Provinz zur 
Geltung und damit für den ganzen Umfang der Monarchie zum Abschluß zu 
bringen. Diese Aufgabe war wegen der nationalen Verhältnisse der Provinz 
Posen von besonderer Schwierigkeit und erforderte zur Vermeidung einer Schä- 
digung des deutschen Elementes große Vorsicht. Nachdem sich Herrfurth zu den 
Grundsätzen, welche einer solchen Regelung zu Grunde zu legen sein würden, 
bei einem Besuche in Friedrichsruh im August 1888 die Zustimmung des Fürsten 
Bismarck gesichert hatte, wurde eine entsprechende Vorlage dem nächsten Landtag 
vorgelegt, und ohne wesentliche Aenderung am Schlusse der Session zum Gesetz 
erhoben. — In dieser Landtagssession wurde auch noch durch das Gesetz über 
die Uebertragung polizeilicher Befugnisse in den Kreisen Teltow, Niederbarnim 
und Charlottenburg an den Polizeipräsidenten in Berlin für die wünschenswerte 
Einheitlichkeit und straffere Handhabung der Sicherheitspolizei in der Stadt 
Berlin und deren Vororten die gesetzliche Grundlage von dem Minister des 
Innern geschaffen. 
Im Jahre 1889 gaben die Streiks der Bergarbeiter in Westfalen und 
Schlesien, die Absendung und der Empfang von Deputationen der Bergleute 
und der Arbeitgeber durch den Kaiser, die demselben durch ihre Ansprachen 
Allerhöchst erteilten Antworten und deren Veröffentlichung, sowie die mit diesen 
Streiks in Verbindung stehenden Veränderungen in der Besetzung höherer Stellen 
der Provinzialverwaltung die Veranlassung zu häufigen Konferenzen des Ministers 
des Innern mit dem Fürsten Bismarck. Dazu kamen die von dem ersteren 
angeordneten Erhebungen über die Verhältnisse der Landgemeinden und Guts- 
bezirke, welche die Grundlage für die Frage des Erlasses einer Landgemeinde- 
Ordnung für die Ostprovinzen zu bilden bestimmt waren, bei dem Fürsten 
Bismarck aber Bedenken erregten, da derselbe von der Auffassung ausging, daß 
die vorhandenen Mißstände der ländlichen Kommunalverhältnisse nicht von solcher 
Erheblichkeit seien, um ein Einschreiten der Gesetzgebung notwendig zu machen,
	        
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