Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Nach Art. 16 der Reichsverfassung werden die für den Reichstag „er- 
forderlichen Vorlagen nach Maßgabe der Beschlüsse des Bundesrats an den 
Reichstag gebracht und dort durch Mitglieder des Bundesrats oder durch 
besondere, von letzterem zu ernennende Kommissare vertreten“. Diese Ver- 
treter haben also keine eigenen und keine Ansichten Kaiserlicher Beamten, sondern 
nur die Beschlüsse des Bundesrats zu vertreten, „nach deren Maßgabe“ die 
Vorlagen an den Reichstag gebracht worden sind. 
Die Beteiligung solcher Kommissare an Verhandlungen der Ausschüsse 
des Reichstags kann sich nicht über den Bereich bereits vorhandener Beschlüsse 
des Bundesrats hinaus erstrecken und die Zustimmung des letzteren nicht im 
weiteren Umfange voraussetzen, als sie thatsächlich vorliegt. Die Aufklärungen, 
welche Vertreter des Bundesrats im Ausschusse zu geben vermögen, werden 
daher vorwiegend nur thatsächliche sein und das vorhandene Aktenmaterial 
nicht überschreiten können. Sovweit sie darüber hinausgehen, werden sie in das 
Gebiet der persönlichen Rechtsansichten, Vermutungen oder Versprechungen fallen. 
Rechtsansichten der verbündeten Regierungen können durch keinen Vertreter des 
Bundesrats präjudizirt und promissorische Erklärungen ohne Unterlage eines 
Bundesratsbeschlusses weder von Kommissarien noch von Reichsbeamten, ein- 
schließlich des Reichskanzlers, abgegeben werden. Die verbündeten Regierungen 
werden sich ihre definitiven Beschlüsse in der Regel für das Stadium der Ver- 
handlungen im Plenum des Reichstags vorzubehalten und sie in Veranlassung 
von Beschlüssen des Reichstags, nicht aber schon auf Grund von Kommissions- 
beschlüssen oder von Anfragen einzelner Kommissionsmitglieder zu fassen haben. 
Ich kann daher Euer Hochwohlgeboren nur empfehlen, Fragen, deren Beantwor- 
tung in die Kategorie der Rechtsansichten, Interpretationen oder promissorischen 
Erklärungen fällt, als außerhalb Ihrer Kompetenz liegend anzusehen und sich 
gegenwärtig zu halten, daß auch der Reichskanzler nicht berechtigt ist, Sie zur 
Beantwortung solcher Fragen amtlich zu ermächtigen oder zu instruiren, da 
Sie in der Kommission nicht den Reichskanzler, sondern den Bundesrat und 
seine Vorlagen vertreten. Ein Teil der in der Anlage gestellten Fragen läßt 
sich ohne Präjudiz für künftige Entschließungen des Bundesrats aus den bereits 
vorhandenen Akten beantworten. Dahin gehören die Fragen 4, 5 und 6 des 
Herrn Abgeordneten Richter und die des Herrn Freiherrn v. Gagern. Euer 
Hochwohlgeboren wollen zu diesem Behuf die uns vorliegenden Verträge der 
deutschen Firmen, die vorhandenen englischen Urkunden über Nord-Borneo, die 
verfügbaren statistischen Data über die Anzahl der Deutschen und die Aktenstücke, 
vermöge deren Seiner Majestät dem Kaiser Hoheitsrechte übertragen oder an- 
geboten wurden, den Herren Antragstellern durch Mitteilung an die Kommission 
zugänglich machen. 
Die Fragen Nr. 1, 2, 3 und 7 des Herrn Abgeordneten Richter und die 
Anfragen des Herrn Abgeordneten v. Strombeck betreffen Gegenstände und
	        
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