Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

— 22 — 
bald den Königlich bayerischen Generallieutenant Grafen Bothmer und General- 
major Maillinger; beide teilten mir übereinstimmend mit, daß von Sedan aus 
jede Feindseligkeit eingestellt und durch französische Offiziere der Wunsch nach 
einer Kapitulation ausgesprochen worden wäre. Demzufolge waren bereits zwei 
bayerische Offiziere nach Sedan als Parlamentäre hineingeschickt, während sich 
an dem Festungsthor ein ziemlich harmloser Verkehr zwischen Bayern und 
Franzosen etablirt hatte. Ich fand für meine Person ohne Schwierigkeit Einlaß 
und wurde von dem Festungskommandanten, welcher sich an dem Thore präsen- 
tirte, hineinbegleitet. Auf meinen Wunsch, zu dem General en chekt geführt 
zu werden, wurde mir demnächst ein Offizier zugewiesen, mit dem Auftrag, mich 
sicher zu dem Marschall Mac Mahon zu bringen. Letzterer wurde als General 
en chef bezeichnet; meine Frage, ob der Kaiser anwesend sei, wurde weder 
bejaht noch verneint. 
Da man mir nicht die Augen verbunden hatte, konnte ich mich von der 
grenzenlosen Verwirrung überzeugen, welche in den Straßen herrschte. Mann- 
schaften aller Waffen und der verschiedensten Regimenter, Mobilgarden in 
schlechter Bewaffnung und Ausrüstung, Armeefuhrwerk jeder Art füllte die 
Straßen. Der größte Teil der Mannschaft machte einen kampfesmüden und 
der Aussicht auf eine Kapitulation nicht abgeneigten Eindruck. Ich wurde 
freundlich begrüßt; einige aus den deutschen Bezirken rekrutirte Leute riefen mir 
die Worte: „Lieber Landsmann!“ zu. Nur eine mißvergnügte Stimme ließ 
sich mit den Worten: „Que nous veut cet homme 1à7“ vernehmen. Die 
Offiziere bewahrten eine ernste, angemessene Haltung. 
Nach einem Wege von fast einer Viertelstunde gelangten wir zu dem 
schönen Gebäude der sous-prékecture, in welchem der Marschall Mac Mahon 
wohnen sollte. Auf dem vergitterten Vorhofe standen viele hohe Offiziere, 
deren einer mich deutsch nach dem Zweck meines Kommens fragte. Ich ant- 
wortete, daß ich von dem Höchstkommandirenden der deutschen Truppen einen 
Auftrag an den General en chef der französischen Truppen auszurichten hätte. 
Ein anderer Offizier wandte sich an mich mit den Worten: „Pardon, Mon- 
Ssieur, êötes-vous Bavarois?“ — „Non, Monsieur, je Suis Prussien et je 
Viens de la part de Sa Majesté le roi de Prusse.“ — „CGest bien, ciest 
bien!“ Damit verschwand der Frager über die in das Gebäude führende 
Treppe. Noch ehe eine Minute vergangen, erschien ein General, welcher mit 
den Worten: „Veuillez m’'accompagner, Monsieur !“ mich unter den Arm 
nahm und über die Treppe und den Flur in ein großes Zimmer führte, in 
welchem ich mich nun dem Kaiser allein gegenüber befand, den ich vorher nie 
gesehen hatte und nur aus Bildern erkannte. Er erhob sich mühsam an einem 
Stock, auf welchen er gelehnt blieb, aus einem Sessel. Ich trat nahe an ihn 
heran und sagte: „J'ai Fhonneur, Sir, d'étre envoyé par Sa Majesté le roi 
de Prusse pour —" Hier unterbrach der Kaiser mich mit den Worten:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.