Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

III. Abschnitt. 
Aus der Werkstatt des Bundesrats. 
1. Reichsgesetzgebung (Art. 4 der Reichsverfassung). 
Gewerbeordnung. In der Sitzung vom 19. November 1888 faßte 
der Bundesrat über die vom Reichstag in den verflossenen Sessionen an- 
genommenen Gesetzentwürfe aus dem Gebiet der gewerblichen und Arbeiter- 
frage Beschlüsse und kam überall zu lediglich ablehnenden Entschließungen. Es 
handelte sich zunächst um den noch aus der Session von 1887 herrührenden 
Reichstagsbeschluß zum Arbeiterschutz. Der Reichstag hatte damals auf An- 
regung der Abgeordneten Hitze und Lohren unter Zurückstellung weitergehender 
sozialpolitischer Forderungen fast einstimmig einen Gesetzentwurf angenommen, 
welcher die Frauen= und Kinderarbeit in Fabriken über das bis jetzt zulässige 
Maß hinaus einschränkte. Auch den beiden vom Reichstag beschlossenen Re- 
solutionen, worin die Regierung um Vorlegung eines Gesetzentwurfs zur Regelung 
der Beschäftigung von Kindern im Gewerbe außerhalb der Fabriken (Haus- 
industrie) und um Veranstaltung einer Untersuchung über die Ausführbarkeit 
eines Maximalarbeitstags für erwachsene Arbeiter in Fabriken ersucht wurde, 
beschloß der Bundesrat keine Folge zu geben. Auch der in der vorigen Session 
auf Anregung der Abgeordneten Lieber und Hitze vom Reichstag ebenfalls fast 
einstimmig beschlossene Gesetzentwurf zur Einschränkung der Sonntagsarbeit 
wurde vom Bundesrat abgelehnt. Dasselbe Schicksal widerfuhr auch dem von 
einer konservativen Mehrheit beschlossenen Gesetzentwurf Ackermann-Biehl zur 
Abänderung des § 100e der Gewerbeordnung (Erweiterung der Innungs- 
privilegien). Derselbe wollte die Erteilung der Privilegien hinsichtlich des 
Lehrlingswesens von dem Majoritätsprinzip abhängig machen, sie nicht mehr 
in das Ermessen der höheren Verwaltungsbehörden stellen und bewährte Leistungen 
im Lehrlingswesen als Bedingung fordern, sondern den Innungen einen recht- 
lichen Anspruch darauf zuerkennen, wenn denselben die Mehrheit der Gewerbe- 
treibenden angehört. 
Nach der herrschenden Meinung übernahm der Bundesrat durch die Ab-
	        
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