— 334 —
Mit Bezug auf Falks Aeußerungen ging demselben seitens Bismarcks
das nachstehende, gleichfalls in der „Revue“ veröffentlichte Schreiben vom
31. Mai 1880 zu:
Eigenhändig! Sr. Excellenz
dem Staatsminister Herrn Dr. Falk.
Eure Excellenz hatten die Güte, bei Ihrem Rücktritt vom Amte sich auf
meinen Wunsch schriftlich darüber zu äußern, ob meine Stellung zu Ihrem
Ressort und zu Ihrer Leitung desselben Anteil an Ihrem Entschluß zum Rück-
tritt habe. Eure Excellenz erkannten damals das Bedürfnis an, welches ich
haben könnte, über meine Beziehungen zu den von Ihnen vertretenen Grund-
sätzen auch in der Oeffentlichkeit jeden Zweifel zu beseitigen. Solche Zweifel,
wenn sie überhaupt bestanden, sind mir bisher nicht von der Bedeutung er-
schienen, um ihnen Eurer Excellenz Zeugnis gegenüberzustellen. Die Sitzung
des Abgeordnetenhauses vom 28. d. M. hat in dieser Sachlage aber eine
Aenderung hervorgebracht. Die Kritik, welcher Eure Excellenz die Regierungs-
vorlage unterziehen, trifft auch meine amtliche Stellung zu letzterer, wie sie
durch die öffentlichen Instruktionen, die ich nach Wien gerichtet habe, sich
kennzeichnet.
Ich glaube mit der Unterstützung dieser Vorlage keine andre Richtung
eingeschlagen zu haben als diejenige, welche ich sieben Jahre lang gemeinsam
mit Eurer Excellenz und, nach Herstellung der nötigen Verfassungsänderungen,
soviel ich mich erinnere ohne Meinungsverschiedenheit zwischen uns, vertreten
habe. Innerhalb dieser Richtung fanden namentlich auch die Erwägungen
Raum, denen Eure Excellenz in Ihrem Abschiedsgesuch dahin Ausdruck geben,
daß alle Freunde des Vaterlandes die Herstellung friedlicher Zustände auf
kirchenpolitischem Gebiete wünschen und daß Eure Excellenz zu der Ueberzeugung
gelangen müssen, Sie seien für eine gedeihliche Mitwirkung zur Erreichung
dieses Zieles nicht geeignet, würden vielmehr hierfür ein ernstes Hindernis
bilden. Mit dieser, nicht meiner, sondern Ihrer Meinung motivirten Eure
Excellenz Ihren Rücktritt.
Wenn nun die Art, wie Eure Excellenz die Vorlage der Regierung kritisirt
haben, bei dem Gewicht, welches Ihrem Wort innewohnt, den Wert, den die
Regierungsvorlage, falls sie angenommen wird, für die Staatsregierung und
insbesondere für die liberale Partei hat, erheblich geschädigt und heruntergedrückt
hat, so kann ich daran nichts ändern. Wenn aber nach dem oben Gesagten
die Empfindungen, welchen Sie Ausdruck gegeben haben, notwendig auch auf
die Beurteilung meiner Stellung zur Sache und zur Person Eurer Exeellenz
zurückwirken müssen, so halte ich es heute im sachlichen und staatlichen Interesse
für geboten, durch Veröffentlichung Ihres hierfür von Hause aus bestimmten
Schreibens vom 1. Juli 1879 den Beweis zu liefern, daß Ihr Abschiedsgesuch