Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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Entlassung auf Ehrenwort möglich sei. Schon früher hätten französische Armeen 
auf diese Weise kapitulirt, und das Ehrenwort sei stets gehalten worden. Dem 
französischen Soldaten stände das Ehrenwort so hoch, daß keine Regierung die 
Individuen zum Bruch desselben würde vermögen können. Das Individuum 
stände jedem Franzosen näher als die Regierung. Der General bittet, der 
Armee freien Abzug mit militärischen Ehren zu bewilligen und dann alle Mann- 
schaften zu entlassen, nachdem sie ihr Ehrenwort gegeben, solange dieser Krieg 
dauern würde, nicht mehr gegen die deutsche Armee zu dienen. Auf diese Art 
könne Frankreich eine Kränkung erspart werden, was auch für seine Gegner 
geraten erscheine. 
Graf Bismarck. Würde mit der Armee allein eine solche Kapitulation 
für annehmbar halten; es sei aber auch mit Paris zu rechnen. Die Regierung 
stehe nicht fest, und es gebe Elemente in Frankreich, über die weder Armee noch 
Regierung Herr seien. Gegen diese sei es durchaus notwendig, materielle 
Garantien zu erlangen, die nur durch die Kriegsgefangenschaft der Armee ge- 
boten würden. 
General Wimpffen. Glaubt, daß die Armee auch diese Partei beherrsche; 
er hält die Armee selbst für eine Garantie und warnt wiederholt, man möge 
das Ehrgefühl der französischen Nation nicht verletzen. 
Graf Bismarck. Kriegsgefangenschaft nach tapferer Gegenwehr, nach 
Mangel an Lebensmitteln und Munition bei Ueberlegenheit feindlicher Streit- 
kräfte kann kein militärisches Ehrgefühl verletzen. Frankreich hat in den letzten 
200 Jahren etwa zwanzigmal an Deutschland den Krieg erklärt und zwar 
immer ohne Grund. Es hat uns Sadowa, das nicht einmal gegen französische 
Truppen gewonnen worden, noch nicht vergeben, es wird uns die Ereignisse 
der letzten Wochen noch weniger vergessen. Dagegen giebt es nur Grenz- 
verbesserungen und materielle Garantien. Unser Volk hat den Krieg nicht gewollt; 
Sie haben uns dazu gezwungen jetzt steht das ganze Volk mit Enthusiasmus hinter 
uns. Zu diesem Kriege hat Deutschland Opfer bringen müssen, die nicht ver- 
geblich sein dürfen, weil wir dieselben zum zweitenmal dem Volke nicht zu- 
muten dürfen. Frankreich wird uns, wie auch diese Kapitulation ausfallen 
möge, wieder den Krieg erklären, sobald es sich materiell stark genug dazu fühlt 
oder Alliirte zu haben glauben wird. Wir aber wollen in Frieden leben, und 
dazu sind materielle Garantien notwendig, welche die Erneuerung eines solchen 
Krieges erschweren. Frankreich wird unter allen Umständen für die Ereignisse 
der letzten Wochen an uns Rache zu nehmen bestrebt sein, und dazu müssen 
wir uns schon jetzt vorbereiten, auch die nötige Stellung uns zu erwerben. 
General Wimpffen. Glaubt, daß eine große Partei in Frankreich gegen 
den Krieg gewesen sei, und daß die Idee der Freundschaft mit Deutschland, 
wenn den eingeschlossenen Truppen günstige Bedingungen gestellt würden, immer 
mehr zunehmen würde.
	        
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