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Gleichzeitig mit dieser Ordre wurde der Marine folgendes bekannt
gemacht:
Seine Excellenz der bisherige Chef der Admiralität, General der Infanterie
v. Caprivi übernimmt am heutigen Tage das Kommando des X. Armeecorps.
Es gereicht mir zur hohen Freude, daß Seine Majestät der Kaiser und König
Allergnädigst geruht haben, die Veröffentlichung der vorstehenden Allerhöchsten
Ordre, welche ich hierdurch zur Kenntnis der Marine bringe, zu gestatten. Der
Chef der Admiralität. Allerhöchst zur Stellvertretung kommandirt.
Graf v. Monts.
Von dem Plane des Kaisers, Caprivi zum Reichskanzler zu ernennen, war
derselbe schon längere Zeit vor der Entlassung Bismarcks unterrichtet, die ent-
scheidende Besprechung zwischen Caprivi und dem Monarchen fand wohl am
1. Februar 1890 statt.
Am 21. März 1890, dem Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler,
besuchte Caprivi den Fürsten Bismarck und nahm an dessen Frühstückstisch teil.
Am 22. März folgte Caprivi einer Einladung Bismarcks zum Diner.
An demselben Tage ging dem Bundesrat folgendes Schreiben zu:
Berlin, den 22. März 1890.
Nachdem Seine Moajestät der Kaiser und König Seine Durchlaucht den
Fürsten v. Bismarck von der Stellung als Reichskanzler, als Präsident des
preußischen Staatsministeriums und als Minister der auswärtigen Angelegen-
heiten entbunden und mich zum Reichskanzler und Präsidenten des preußischen
Staatsministeriums ernannt, sowie mit der einstweiligen Leitung des Ministeriums
der auswärtigen Angelegenheiten den Staatsminister Grafen v. Bismarck-Schön-
hausen beauftragt hat, beehre ich mich dem Bundesrat hierneben Abschrift der
betreffenden beiden Allerhöchsten Ordres vom 20. März d. J. zu über-
senden. Gleichzeitig bemerke ich ergebenst, daß ich die Geschäfte heute über-
nommen habe.
v. Caprivi.
Unmittelbar vor Bismarcks Entlassung soll eine Kombination bestanden haben,
wonach Fürst Bismarck Reichskanzler, sein Sohn, Graf Herbert, auswärtiger Minister
bleiben, Herr v. Caprivi aber preußischer Ministerpräsident werden sollte; und
zwar sollte diese Teilung vorläufig und versuchsweise bis zu den nächsten Reichs-
tagswahlen bestehen bleiben. Die „Hamb. Nachr.“ glaubten auch zu wissen, daß
damals Fürst Bismarck an Herrn v. Caprivi, auf den die Wahl des Monarchen
allerdings schon von anderer Seite gelenkt worden war, als Vorsitzenden des preußischen