Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Fünfter Band. Der Bundesrat des Deutschen Reichs (1881-1900). (5)

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pagnie. 1) Inzwischen scheint sich ja aber die Gereiztheit der Herren wieder gelegt 
zu haben und namentlich der Erstere wieder gute Miene zu dem bösen Spiel 
zu machen. Was soll jedoch schließlich aus all diesem Wirrwarr Gutes heraus- 
springen? Die unglückliche Rede des Herrn v. Puttkamer in der Wahl- 
agitationsdebatte wird jedenfalls die Sachlage nicht bessern. 
Noch unglücklicher scheint mir freilich Graf Taaffe gesprochen zu haben, 
als er die Unterlassung jeder Hilfsleistung der Polizei bei der entsetzlichen 
Katastrophe 2) damit zu rechtfertigen suchte, daß dieselbe durch ihre Instruktion 
dazu nicht verpflichtet gewesen sei. Das ist wohl die stärkste Leistung mini- 
sterieller Ungeschicklichkeit, die überhaupt denkbar ist. Die „Neue Freie Presse" 
mag daher wohl recht haben, wenn sie in ihrem fulminanten Artikel ausführt, 
daß die allseitige grenzenlose Kopflosigkeit, durch die allein das Unglück eine 
so furchtbare Ausdehnung gewonnen habe, lediglich dadurch erklärbar werde, 
daß die ganze jetzige Regierungsmaschine Oesterreichs absolut untauglich sei. 
Gotha, den 20. März 1883. 
An Frau Wanda v. Koethe. 
Unser friedliches Gotha war heute vormittag der Schauplatz einer gräß- 
lichen That, die auch mich nahe berührt. Staatsrat Wangenheim ist auf 
dem Wege zur Landtagssitzung von einem früheren Aufseher in der Straf- 
anstalt zu Ichtershausen, der vor ungefähr Jahresfrist wegen pflichtwidrigen 
Verhaltens entlassen wurde, meuchlings erschossen worden. Der Mörder hat 
dann die Waffe gegen sich gekehrt und mit dem zweiten Schuß seinem Leben 
ein Ende gemacht. Bei beiden ist der Tod augenblicklich eingetreten. Die 
beiden Leichen lagen an der östlichen Schloßrampe in der Nähe des Windthors 
nur wenige Schritte von einander entfernt. Wangenheim mit ruhigem, fast 
heiterem Ausdruck, der andere mit starren, grimmigen Zügen. Wahrscheinlich 
  
1) Windthorst und sein ganzer Anhang waren der parlamentarischen Soirée am 
6. Dez. 1881 wegen eines geharnischten Artikels der „Nordd. Allg. Ztg.“ demonstrativ 
ferngeblieben. Vergl. mein Werk: „Fürst Bismarck und die Parlamentarier“ Bd. II. 
(2. Aufl.) S. 241 f. 
2) Gemeint ist der Brand im Ringtheater zu Wien am 8. Dez. 1881, bei welchem 
über 400 Personen umkamen. Graf Taaffe sagte in der Sitzung des Abgeordnetenhauses 
vom 13. Dez., der Polizeikommissar sei nach der bisherigen Instruktion nicht mit den 
Sicherheitsvorkehrungen im Theater betraut; diese Kontrole liege einer autonomen Behörde 
ob; erst von jetzt ab habe die Polizei in Gemeinschaft mit dem Stadtbauamt die Feuer- 
polizei zu überwachen. Darauf erwiderte ihm der Abgeordnete Sueß: „Wer sonst als die 
Polizei hat für die Sicherheit der Theaterbesucher zu sorgen gehabt? Daß der Minister 
das leugnet, ist geradezu erschreckend. In 24 Stunden würde in einem andern Staate 
derjenige von der Ministerbank verschwinden, der eine solche Aeußerung vorbrächte.“
	        
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