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Sonderinteressen bezeichnen möchte, und wir halten diesem Berufe des Bundes-
rats gerade das Wort „Bundesrat für entsprechend, während wir befürchtet
haben, durch das Wort Reichsrat die staatsrechtliche Stellung dieser Korporation
zu verdunkeln und nicht mit dem richtigen Namen zu bezeichnen."
Das Gegengewicht gegen die Gefahren des allgemeinen Stimmrechts sollte
nach der Ansicht Bismarcks nicht in der Einführung des Zweikammersystems
gesucht werden. Das haben wir im Bundesrate. „Ich weiß nicht“ — führte
Bismarck in einer hochbedeutsamen Rede vom 19. April 1871 aus — „was die
Herren bewegt, den Bundesrat in den gesetzgebenden Faktoren nicht mitzuzählen;
die Verfassung weist ihm die volle Gleichberechtigung an, und wenn ich sage,
er wiegt schwerer als ein gewöhnliches erstes Haus, so ist das, weil er zugleich
ein Staatenhaus im vollsten Sinne des Wortes ist, in viel berechtigterem Sinne,
als was man gewöhnlich Staatenhaus nennt, was zum Beispiel in der Erfurter
Verfassung Staatenhaus genannt wurde. Dort stimmte im Staatenhaus nicht
der Staat, sondern das Individuum ab; es war jemand ernannt worden —
ich weiß nicht, ob auf Lebenszeit oder auf limitirte Dauer —, aber ich erinnere
mich genau, er stimmte nicht nach Instruktionen, sondern nach seiner Ueberzeugung
ab. So leicht wiegen die Stimmen im Bundesrate nicht; da stimmt nicht der
Freiherr v. Friesen, sondern das Königreich Sachsen stimmt durch ihn; nach
seiner Instruktion gibt er ein Votum ab, was sorgfältig destillirt ist aus all
den Kräften, die zum öffentlichen Leben in Sachsen mitwirken; in dem Votum
ist die Diagonale aller der Kräfte enthalten, die in Sachsen thätig sind, um
das Staatswesen zu bilden; es ist das Votum der sächsischen Krone, modifizirt
durch die Einflüsse der sächsischen Landesvertretung, vor welcher das sächsische
Ministerium für die Vota, welche es im Bundesrat abgeben läßt, verantwortlich
ist. Es ist also recht eigentlich das Votum eines Staates, ein Votum in einem
Staatenhaus. Analog ist es — ich habe Ihnen dies Beispiel von Sachsen
nur genannt — in den Hansestädten, in den republikanischen Gliedern: es ist
das ganze Gewicht der Bevölkerung einer reichen, großen, mächtigen, intelligenten
Handelsstadt, was sich Ihnen in dem Votum der Stadt Hamburg im Bundes-
rat darstellt, und nicht das Votum eines Hamburgers, der nach seiner persön-
lichen Ueberzeugung so oder so votiren kann; die Vota im Bundesrat nehmen
für sich die Achtung in Anspruch, die man dem gesamten Staatswesen eines
der Bundesglieder schuldig ist. Und das halte ich für außerordentlich schwer-
wiegend, und diese Bedeutung macht sich unbewußt ja in uns längst fühlbar.
Einem Votum von fünfundzwanzig einzelnen Herren würden Sie nicht das
Ansehen beimessen, dessen der Bundesrat sich glücklicherweise erfreut; aber dem
Votum von fünfundzwanzig Staaten, wo jeder der Herren hier einem derselben
angehört, und von lauter Staaten, die sich einer freien parlamentarischen Ver-
fassung erfreuen, wo die Abstimmungen der einzelnen recht eigentlich den Aus-
druck der Gesamtheit dessen, was man früher sagte, Völker, jetzt will ich nur