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Geheimer Ober-Justizrat Dr. Falkt)
(geboren 1827)
verdankte sein Ministerportefeuille hauptsächlich der Sachkunde und Eleganz, mit
der er im Jahre 1871 das von der Regierung eingebrachte Haftpflichtgesetz ver-
teidigt hatte. Falk war, bevor er Minister wurde, vortragender Rat im Justiz-
ministerium und wohnte als solcher im Geheimratsviertel drei Treppen hoch.
Eines Tages schellte es an seiner Thür; ein großer Mann stand davor und
ließ sich melden. Es war Bismarck, dem Falk für den Posten als Kultus-
minister empfohlen und der gekommen war, um persönlich wegen der Ueber-
nahme des Ministeriums mit Falk zu verhandeln.
Daß Falk Bismarck als Kultusminister genehm war, genügte dem Kaiser
aber nicht; er forderte noch das Gutachten des Kriegsministers v. Roon ein,
das dieser unterm 20. Januar 1872 erstattete. In seinem Berichte machte
Roon zunächst die verlangten Angaben über die einzelnen Abstimmungen des
Abgeordneten Falk in der Militärfrage (Falk war im preußischen Abgeordneten-
hause Mitglied der Fraktion Mathis und damit der gemäßigten Opposition ge-
wesen) und fuhr dann fort: „Dr. Falk gehört unter allen Umständen zu
denjenigen, welche, durch die Erfolge der Reorganisation längst mit derselben
ausgesöhnt, offenbar zu einer größeren politischen Reife gelangt sind, so wie er
auch stets zu den Männern zu zählen war, welche selbst da, wo sie irrten,
einer ernsten, gewissenhaften Ueberzeugung folgten, zu denjenigen, welche, Feind
jeder Frivolität und persönlichen Gehässigkeit, ihre Meinungen stets mit an-
gemessener Würde und einer anerkennenswerten Ruhe zu vertreten wußten.“
Wie Dr. v. Mühler ohne ein bestimmtes Programm gegangen war, so
war Dr. Falk ohne bestimmtes Programm gekommen. Das Regierungsprogramm
lag verschlossen in der Brust des Reichskanzlers, der vielleicht selber noch nicht
wußte, wie weit er, von den Thatsachen getrieben, gehen würde. :2) Die Be-
rufung Falks hatte nur den einen offenkundigen und ausgesprochenen Zweck
Bismarcks, dem Vorgehen der Staatsregierung in der unvermeidlich gewordenen
Auseinandersetzung mit der Kurie Stetigkeit und Entschiedenheit zu sichern. 3)
Die Frage, inwieweit Bismarck der Faktor des Kulturkampfes gewesen ist, an
1) In Schlesien geboren, besuchte derselbe das Friedrichs-Gymnasium zu Breslau,
studirte daselbst 1844—1847, trat 1847 in den preußischen Justizjdienst, wurde 1861 Staats-
anwalt am Kammergericht und Hilfsarbeiter im Justizministerium, 1862 Appellationsgerichts-
rat in Glogau, 1868 Geheimer Justizrat und vortragender Rat im Justizministerium. Er
gehörte 1858—1861 dem Abgeordnetenhause an, 1867 dem konstituirenden Norddeutschen
Reichstage und wurde auch als Minister 1873 für das Abgeordnetenhaus und für den
Reichstag gewählt. Er war Mitglied der Deutschen Reichspartei. Kultusminister vom
22. Juni 1872 bis 30. Juni 1879, gegenwärtig Präsident des Oberlandesgerichts in Hamm.
2) Vgl. Majunke, „Geschichte des Kulturkampfes“ S. 213.
3) Kohl, Bismarckreden Bd. XII. S. 14.