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Präsident der Justiz-Prüfungskommission, Geheimer Ober—
Justizrat Dr. Friedberg:)
(geboren Januar 1813, gestorben 2. Juni 1895).
Friedberg kann als der Vater des Strafgesetzbuchs für das Deutsche
Reich angesehen werden. Nachdem der Bundesrat am 5. Juni 1868 die
Ausarbeitung desselben beschlossen und Bismarck mittelst Schreibens vom
17. Juni 18682) an den Justizminister Dr. Leonhardt das Ersuchen gerichtet
hatte, „die Ausarbeitung des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für den Nord-
deutschen Bund veranlassen und den Entwurf demnächst ihm zugehen lassen zu
wollen,“" beauftragte dieser letztere den damaligen Geheimen Ober-Justizrat Dr.
Friedberg, das Werk unverzüglich in Angriff zu nehmen. Dies geschah auch.
Die Gesichtspunkte, die ihn dabei leiteten, findet man in einer dem Bundesrat
unterm 21. November 1868 eingereichten Denkschrift Friedbergs.
Im Juli 1869 gelang es seiner unablässigen Thätigkeit, den Entwurf
fertig zu stellen. Derselbe wurde mittelst Schreibens des Justizministers vom
Westfalen persönlicher Adjutant des Königs Wilhelm. Als solcher wurde er in den Adels-
stand erhoben, war später General à la suite des Kaisers Wilhelm und demnächst General-
Adjutant. Während des Feldzugs 1870/71 Chef des Generalstabs bei der 2. Armee des
Prinzen Friedrich Karl. 1875 kam er als Departements-Direktor in das Kriegsministerium,
um das Retablissement der Armee, die Umgestaltung der Festungen und die politische
Vertretung des Kriegsministers zu übernehmen. Er war aber infolge der Anstrengungen
des Krieges seiner leidenden Gesundheit halber öfter gezwungen, längeren Urlaub zu
nehmen, und vermochte die Last seiner Stellung auf die Dauer nicht zu ertragen; 1881
General der Infanterie und Kommandeur des 5. Armee-Corps, 1886—1888 General-
Inspekteur des Ingenieur-Corps und der Festungen.
1) Heinrich Friedberg, evangelisch, Gymnasium zu Danzig, Universität Berlin. 1848
Staatsanwalt, 1850 Ober-Staatsanwalt in Greifswald, zugleich an der dortigen Universität
als Privatdozent thätig, 1854 vortragender Rat und seit Ende 1873 Unterstaatssekretär
im Justizministerium, Mitglied des Herrenhauses aus besonderem Königlichem Vertrauen,
1875 Kronsondikus. Nach Annahme der Justizgesetze im Reichstag (21. Dezember 1876)
Staatssekretär des Reichs-Justizamts, am 30. Oktober 1879 an Leonhardts Stelle preußischer
Justizminister. März 1888 von Kaiser Friedrich durch Verleihung des Schwarzen Adler-
ordens ausgezeichnet. Januar 1889 auf Ansuchen mit dem Titel und Rang eines Staats-
ministers verabschiedet.
Ueber die amtliche Thätigkeit Friedbergs namentlich auf dem Gebiete der Gesetzgebung.
zu vergleichen: A. bezüglich der preußischen Gesetzgebung: 1. Stölzel, Svaraz, Berlin 1885,
Widmung. 2. Stölzel, Brandenburg-Preußens Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung.
Berlin 1888, Bd. I. Vorwort; Bd. II. siehe Personenregister, Friedberg, S. 754. 3. v. Sybel,
Begründung des Deutschen Reiches Bd. II. S. 292 (Frage der Regentschaft). 4. v. Treitschke,
Deutsche Geschichte Bd. V. S. 600. B. bezüglich der Reichsgesetzgebung: Strasgesetzbuch,
Kommentar von Rüdorff 2. Aufl. Berlin 1877. Einleitung. Militärstrafgesetzbuch, Ein-
leitung in dem Lomerschen Kommentar § 2 (ältere, vom Verfasser selbst besorgte Ausgabe).
z. B. Auflage V von 1888, Berlin, Guttenberg, und Glaser, Handbuch des Strafprozesses,
Leipzig 1883. Bd. I. S. 188 ff.
2) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.