Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

— 153 — 
leihung der Büfte Kaiser Wilhelms J. zum 18. Januar 1896. Den Schwarzen 
Adler-Orden hatte ihm dieser letztere bereits bei dem fünfundzwanzigjährigen 
Jubiläum des Königs Karl!) übergeben. 
Ein schöner Zug Mittnachts ist es, daß derselbe jenen Herren nicht nach- 
ahmte, welche Bismarck ohne Maß huldigten, solange er der Allmächtige 
war, nach seinem Sturze aber ihn nicht mehr kannten. Er scheute sich 
nicht, Bismarck im Mai 1890 in Friedrichsruh und im August 1893 in 
Kissingen zu besuchen. Ein Münchener Blatt, welches im Sinne des „alten 
Kurses“ redigirt wird, protestirte energisch gegen die Behauptung, daß Herr 
v. Mittnacht den früheren Reichskanzler gebeten habe, nicht mehr in der bis- 
herigen schroffen Form die gegenwärtige Regierung anzugreifen. Demnächst 
wurde demselben Organ, der „Allgemeinen Zeitung“, aus Württemberg noch 
geschrieben: „Wir Württemberger rechnen es unserem Ministerpräsidenten 
hoch zur Ehre an, daß er, abgesehen von Hamburgs Vertretern, das einzige 
Mitglied des Bundesrats ist, welches nach den Märztagen von 1890 die alten 
Beziehungen zum Fürsten Bismarck nicht abgebrochen, sondern ihre Aufrecht- 
haltung durch persönliche Besuche in Friedrichsruh und Kissingen bethätigt hat. 
Herrn v. Mittnachts Name findet sich unter den Versailler Verträgen, er selbst 
gehört zu den Erbauern des Reiches, zu dessen Kaisern und zu dessen altem 
Kanzler er stets in vollster Loyalität gestanden hat. Den Gesinnungen treuer 
Anhänglichkeit an eine so große Zeit gemeinsamen Wirkens konnte er um so 
mehr volle Befriedigung gewähren, als er sich hierin mit den Anschauungen der 
der vaterländischen Geschichte unter treuer Mitwirkung Württembergs angehören, um Ihr 
engeres Vaterland unvergängliche Verdienste erworben, welchen Ihr Landesherr, des Königs 
Wilhelm Majestät, Mein Bundesgenosse und Freund, die gebührende Anerkennung 
zollt. Mir liegt es ob — und ich glaube hier zugleich im Sinne Meines in Gott 
ruhenden Herrn Großvaters, des Kaisers und Königs Wilhelm, sowie in jenem Meines 
hochseligen Vaters, des Kaisers und Königs Friedrich zu sprechen —, Ihnen für Ihre 
treue Mitarbeit in der Pflege der bundesfreundlichen Beziehungen, in der Befestigung der 
Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, im Ausbau der Verfassung des Reiches, welche Sie 
als Mitglied des Bundesrats zu bethätigen in der Lage waren, Meinen Kaiserlichen Dank 
auszusprechen. Ich verbinde hiermit den Wunsch, daß Sie, Mein lieber Freiherr v. Mitt- 
nacht, noch lange Jahre dem Dienste Ihres Königs, Ihrem Vaterlande Württemberg 
und dem Deutschen Reiche erhalten bleiben mögen. — Berlin, den 20. April 1892. 
Wilhelm I. R. — An den Präsidenten des Königlich württembergischen Staatsministe- 
riums, Königlich württembergischen Staatsminister der auswärtigen Angelegenheiten, Be- 
vollmächtigten zum Bundesrat Freiherrn v. Mittnacht Excellenz.“ 
1) Der letztere hatte Mittnachts Wirksamkeit bei jedem Anlaß anerkannt und voll 
gewürdigt; noch an seinem letzten Geburtsfest, 6C. März 1891, hatte der verewigte König 
eine äußerst warme Zuschrift an den Minister gerichtet, in welcher er ihm als „treuem, 
wahrhaftigem Ratgeber“, mit dessen Beistand Er vieles habe durchführen können, dankt. 
Daß auch der jetzt regierende König dem Minister der vorausgegangenen Regierungsperiode 
sein Vertrauen zugewendet hat, beweist das am 27. April 1892 an Mittnacht gerichtete 
Königliche Handschreiben, abgedruckt im „Schwäbischen Merkur“ Nr. 98 vom 28. April 1892.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.