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und Justiz); der von Krüger erstattete Bericht über die Beratungen wurde mit
wenigen, von Falk beantragten Modifikationen angenommen und unterzeichnet.
Kameke äußerte gegen mich Zweifel, ob das Gesetz im Reichstage durch—
gehen werde.
13. Oktober: Ich war noch nicht im Besitz der Majorsabzeichen. Es
blieb mir also nichts anderes übrig, als mich in der Plenarsitzung des Bundes-
rats noch als Hauptmann vorzustellen. Dieselbe fand um 1 Uhr statt; ich erhielt
indessen die Einladung dazu erst um ¼2 Uhr. Ich trat vor Bismarck, welcher
präsidirte, mich selbst vorstellend, da es unser Stimmführer Minister v. Mitt-
nacht unterlassen hatte, und erklärte mein verspätetes Erscheinen mit der eben
erst erhaltenen Einladung. Der Fürst bedauerte diese verspätete Anzeige und
stellte mich der Versammlung vor. Bismarck machte vertrauliche Mitteilungen
über die mit Frankreich getroffenen Vereinbarungen, betreffend Räumung weiterer
Departements vor Abtragung der stipulirten Zahlungen, und entfernte sich dann,
um mit dem französischen Gesandten die Verhandlungen abzuschließen. Als
Referenten der Ausschüsse sprachen Schmalz, Liebe, Stephan, Hofmann, Riecke,
Pfretzschner. Ich hatte Mühe, den Vorträgen zu folgen, teils weil mir der
Stoff fremd war, teils weil mehrere Herren sehr leise und undeutlich sprachen.
Nach der Sitzung Unterredung mit Mittnacht über mein verspätetes Erscheinen.
Auf die Verleihung der Majorsauszeichnung darf ich mir übrigens nicht
viel einbilden; denn diese wurde von Bismarck verlangt, falls ich Sitz und
Stimme im Bundesrat haben soll. Ich hatte ganz recht, als ich seinerzeit dem
Kriegsminister vorstellte, ich würde als Hauptmann einen schweren Stand haben.
14. Oktober: Um 1 Uhr Bundesratssitzung über Marineetat. Referent
Bülow, über den Etat des Rechnungshofes u. s. w. Es sprachen Nostitz,
Riecke, Jachmann, Liebe. Delbrück präsidirte und teilte mit, daß der Vertrag
mit Frankreich unterzeichnet sei.
16. Oktober: Eröffnung des Reichstags. Mittnacht holte mich ½12 Uhr
ab. Nach der kirchlichen Feier zog sich der Bundesrat in das grüne Zimmer
zurück und stärkte sich mit Madeira und Pastetchen. Mich dem Fürsten Bismarck
persönlich vorzustellen, fand sich keine Gelegenheit; er war stets von Excellenzen
umschwärmt. Er lud den Bundesrat ein, sich mit ihm in den Weißen Saal
zu begeben, wo sich derselbe zur Linken des Thrones aufstellte. Der Kaiser,
von Simson mit dreimaligem Hoch empfangen, bestieg den Thron und bedeckte
sich. Bismarck überreichte ihm mit einer Würde und Hoheit die Thronrede,
wie man es sich nicht erhabener denken kann. Der Keiser verlas sie stehend;
als die lange Botschaft verlesen war, übernahm sie Bismarck wieder mit tiefer
Verbeugung und erklärte mit sonorer Stimme, auf Befehl des Kaisers sei der
Reichstag eröffnet. Der bayerische Minister Pfretzschner brachte hierauf ein drei-
maliges Hoch aus.
17. Oktober: ½1 Uhr Sitzung der vereinigten Ausschüsse I, V und VII,