Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Karlsruhe, 1. September 1866. 
An einen Freund und Landtagskollegen. 
Unsere vormals erhitztesten Offiziere sind durch ihre neuesten Studien von 
der Bundeskriegsverfassung, bayerischen und württembergischen Führung ab— 
gekommen, und sieht man die Heilsamkeit und Vollständigkeit dieser Kur, so 
muß man es selbst vom entgegengesetzten Standpunkte für zweckmäßig halten, 
daß wir in der letzten Krise mit Oesterreich und den Südstaaten gegangen sind. 
Man hat seine Freunde und alles kennen gelernt, was nötig ist, um 
künftig ernstlich und gemeinsam einen andern Weg zu gehen. 
* 
Aus einem Brief vom 14. Septemher 1866. 
Welche unpraktischen, politisch kurzsichtigen Leute die Berliner Fortschritts- 
partei in ihren Reihen zählt, mag folgende Anekdote vergegenwärtigen: 
Sie wissen, daß man vor zwölf Tagen über die Adresse auf die Thron- 
rede debattirte und acht Entwürfe einbrachte. Als endlich die Adresse zu stande 
kam, hatte sich die Gestalt aller Dinge verändert, hatte Bismarck 4 Staaten 
annektirt, 18 in den Norddeutschen Bund aufgenommen, mit 5 Frieden ge- 
schlossen. 
In der Zwischenzeit begegnet D., der Redakteur des „Kladderadatsch“, dem 
Abgeordneten R. von Berlin, der gehört haben will, daß man über die Ver- 
zögerung der Adreßdebatte und über die acht Entwürfe Glossen mache. D.: „So, 
das haben Sie nur gehört, haben Sie nicht derartiges selbst gelesen, vielleicht 
empfunden?" R. „Der Tadel ist ganz unbegründet; nach meiner Ansicht hat 
jeder Abgeordnete das Recht, einen Adreßentwurf einzubringen.“ 
Ich bemerkte, daß bei uns im Lande kein von einem Landbezirke gewählter 
Bürgermeister oder Gemeinderat eine so einfältige, den Fleck neben das Loch 
setzende Antwort gegeben hätte. 
* 
Brief vom 25. Mai 1869. 
Wir haben Hoffnung, das System, mit dem wir stehen und fallen, noch 
über den nächsten Landtag hinaus zu retten, obgleich der gehoffte Anschluß an 
Norddeutschland noch nicht erreicht sein wird. Aber dazu bedarf es einiger 
Aufmunterung. 
# 
Aus den Tagebüchern. 
20. Juli 1870. 
General v. Beyer brachte abends in den Museumsgarten ein Telegramm 
des Kronprinzen von Preußen, wonach derselbe zum Kommandirenden der süd- 
deutschen Truppen ernannt sei. Jolly, Beyer und ich waren einig, daß die 
Veröffentlichung beider Aktenstücke vorerst und bis zu definitiver Erklärung des
	        
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