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Schilderhäuser für Schildwachen zu Pferd stehen. Solche Tierquälerei wird
meines Wissens nur noch vor den Tuilerien in Paris und vor dem Palast in
London getrieben.
Im Petit-Trianon, dem Lieblingsaufenthalt Marie Antoinettes, sind gute
Porträts in ganzer Figur von Marie Antoinette und Louis XVI. von Wern-
meller, einem Schweden. In den hübschen holzgetäfelten Zimmern stehen noch
die Möbel der Königin, unter anderem ihr großer Schmuckkasten mit Säbel-
hieben und Bajonettstichen aus der Revolution, ihr Klavier mit zugehörigen
Noten, ihr Bett, ihr einfacher Toilettetisch.
Aus dem Fenster hat man einen schönen Ausblick auf den Englischen
Garten, den ersten, der in Frankreich angelegt wurde. Dieser Garten gewährt
einen wohlthuenden Anblick nach den kerzengeraden Alleen und zugestutzten
Bäumen des Parks von Versailles, die übrigens in ihrer großartigen Anlage
imponiren.
Bei dem vorgestrigen Ausfall nahmen die Franzosen das schwach besetzte
Dorf Le Bourget, das gestern von den Preußen wieder erstürmt wurde. Letztere
verloren 400 Mann tot und verwundet, 13 Offiziere tot, 12 verwundet,
machten 1200 Gefangene.
Wir kamen abends 5½ Uhr von St.-Germain zurück. Es war ein
schöner Tag und eine schöne Fahrt. Man fährt vom nördlichen Thore des
Parks von Trianon in gepflasterter, gerader Allee nördlich bei Rocquencourt
vorbei nach Marly, an dem aufgegebenen, verfallenen und verwilderten alten
königlichen Park dieses Ortes hin, und an dem Aquädukt vorüber, welcher die
Wasserkünste zu Versailles speist, kommt man durch St.-Germain-en-Laye hin-
durch zum Schlosse. Dasselbe hat eine hübsche eigentümliche Architektur; man
scheint eben bei Beginn des Krieges mit Restaurirung beschäftigt gewesen zu
sein, hat an dem schönsten Teile die schwarze Kruste von den weißen Steinen
abgerieben.
Das Schloß ward schon von Franz I., dann von Heinrich II. und
Heinrich IV. viel bewohnt. Heinrich II., Karl IX. und Ludwig XIV. sind
hier geboren. Letzterer gab den Aufenthalt in St.-Germain auf und baute
Versailles. Es ward unter Napoleon I. Schule für Kavallerie-Offiziere, später
Militärgefängnis.
Die Stadt ist kleiner, enger bei einander als Versailles; alle Läden sind
offen, mit reichen Auslagen ausgestattet und trotz einer sehr starken Ein-
quartierung ist der Verkehr friedlich und rege. Die Photographien des Schlosses
sind aufgekauft. Von dem Schlosse zieht sich an der Anhöhe, auf der das
Schloß liegt, eine über Rebberge aufgemauerte Terrasse mit einer Reihe schöner
alter Linden hin. Von hier hat man die schönste Aussicht der ganzen Um-
gegend von Paris. Nur diejenige von der Lanterne de Diogene bei St.-Cloud
kann damit verglichen werden. Zu Füßen fließt die Seine in Windungen von