Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Schilderhäuser für Schildwachen zu Pferd stehen. Solche Tierquälerei wird 
meines Wissens nur noch vor den Tuilerien in Paris und vor dem Palast in 
London getrieben. 
Im Petit-Trianon, dem Lieblingsaufenthalt Marie Antoinettes, sind gute 
Porträts in ganzer Figur von Marie Antoinette und Louis XVI. von Wern- 
meller, einem Schweden. In den hübschen holzgetäfelten Zimmern stehen noch 
die Möbel der Königin, unter anderem ihr großer Schmuckkasten mit Säbel- 
hieben und Bajonettstichen aus der Revolution, ihr Klavier mit zugehörigen 
Noten, ihr Bett, ihr einfacher Toilettetisch. 
Aus dem Fenster hat man einen schönen Ausblick auf den Englischen 
Garten, den ersten, der in Frankreich angelegt wurde. Dieser Garten gewährt 
einen wohlthuenden Anblick nach den kerzengeraden Alleen und zugestutzten 
Bäumen des Parks von Versailles, die übrigens in ihrer großartigen Anlage 
imponiren. 
Bei dem vorgestrigen Ausfall nahmen die Franzosen das schwach besetzte 
Dorf Le Bourget, das gestern von den Preußen wieder erstürmt wurde. Letztere 
verloren 400 Mann tot und verwundet, 13 Offiziere tot, 12 verwundet, 
machten 1200 Gefangene. 
Wir kamen abends 5½ Uhr von St.-Germain zurück. Es war ein 
schöner Tag und eine schöne Fahrt. Man fährt vom nördlichen Thore des 
Parks von Trianon in gepflasterter, gerader Allee nördlich bei Rocquencourt 
vorbei nach Marly, an dem aufgegebenen, verfallenen und verwilderten alten 
königlichen Park dieses Ortes hin, und an dem Aquädukt vorüber, welcher die 
Wasserkünste zu Versailles speist, kommt man durch St.-Germain-en-Laye hin- 
durch zum Schlosse. Dasselbe hat eine hübsche eigentümliche Architektur; man 
scheint eben bei Beginn des Krieges mit Restaurirung beschäftigt gewesen zu 
sein, hat an dem schönsten Teile die schwarze Kruste von den weißen Steinen 
abgerieben. 
Das Schloß ward schon von Franz I., dann von Heinrich II. und 
Heinrich IV. viel bewohnt. Heinrich II., Karl IX. und Ludwig XIV. sind 
hier geboren. Letzterer gab den Aufenthalt in St.-Germain auf und baute 
Versailles. Es ward unter Napoleon I. Schule für Kavallerie-Offiziere, später 
Militärgefängnis. 
Die Stadt ist kleiner, enger bei einander als Versailles; alle Läden sind 
offen, mit reichen Auslagen ausgestattet und trotz einer sehr starken Ein- 
quartierung ist der Verkehr friedlich und rege. Die Photographien des Schlosses 
sind aufgekauft. Von dem Schlosse zieht sich an der Anhöhe, auf der das 
Schloß liegt, eine über Rebberge aufgemauerte Terrasse mit einer Reihe schöner 
alter Linden hin. Von hier hat man die schönste Aussicht der ganzen Um- 
gegend von Paris. Nur diejenige von der Lanterne de Diogene bei St.-Cloud 
kann damit verglichen werden. Zu Füßen fließt die Seine in Windungen von
	        
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