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einem Stallmeister, mit denen er dahin geritten, herauf und betrachtete sich mit
gutem Doppelperspektiv das Fort und die an demselben angelegten neuen Werke.
Das Fort schwieg; während der Fahrt hatten wir zwei Schüsse dort gehört
und am Rauch gesehen. Hier erstmals hörte ich das Geknatter einer Mitrailleuse,
mit der im Bois de Boulogne, hinter dem Fort, Uebungen gemacht zu werden
scheinen.
An einer Stelle in Paris stieg dichter Rauch, wie von einem Gefechte auf.
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7. November 1870.
Du solltest sehen, wie die Damen in Versailles den Zufall ausnützen, ihre
Zimmer festlich zu schmücken. Sie sind froh der durch die Kriegszeit verminderten
Aufsicht und Ordnung in den Parks von Versailles und versehen sich täglich
mit riesenhaften Bouquets, die sie höchst eigenhändig in den dortigen noch sehr
reichen Blumenbeeten pflücken.
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Versailles, 10. November 1870.
Heute schneit es den ganzen Tag. Der Schnee liegt auf den Dächern
und Linden vor meinen Fenstern.
Der Maler Anton v. Werner erzählte mir, wie er in den ersten Tagen,
die er hier malte, einst in sein Atelier gekommen sei, habe er laut schluchzen
hören. Da er sich umsah, fand er den alten Konservator ganz gebrochen vor
Schmerz auf einem Stuhl sitzend, weinend wie ein Kind. Er trat zu ihm,
um ihn zu trösten. Der alte Mann entschuldigte sich, aber der Gedanke habe
ihn überwältigt, daß unter diesem Dache, dem Tempel von Frankreichs Ruhm,
nun die Niederlagen seines früher so glorreichen Volkes verewigt werden sollten.
Ich schrieb noch nicht, daß das Hotel des Reservoirs, wo wir oft diniren,
einst den Hofstaat der Pompadour enthielt, welche selbst im linken Flügel des
Schlosses wohnte. Es steht ihre Marmorbüste im Vorsaal des Hotels; ihr
Gesicht ist feiner und edler, als man es sich nach ihrem Wandel vorstellt.
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11. November 1870.
Hatte mir gestern in einem Zimmer des zweiten Stockwerkes des Schlosses
der Conserrateur du Musée die Tapetenthür gezeigt, durch welche am
5.—6. Oktober 1789 Marie Antoinette dem von Paris heranziehenden Pöbel
entkommen war, so besuchte ich heute das Theater, wo am 1. und 3. Oktober
1789 der Hof der Garde du Corps Bankette gegeben hatte. In Versailles
schlief seit jener Zeit kein Souverän mehr; dagegen wurde im Theater im
Jahre 1836 unter Louis Philipp das historische Museum von Verseilles ein-
geweiht, wurden hier unter ihm und Napoleon III. zum Beispiel bei Anwesenheit
der Königin Viktoria von England und des Königs von Spanien (Gemahls
der Isabella) Opern aufgeführt. Die Haut= und Basreliefs an den Galerien