— 213 —
zelnen Bundesstaaten über die Feststellung des Personenstandes geltenden Vor-
schriften zusammengestellt und seitens des Reichskanzlers dem Reichstag vorgelegt.
In der Sitzung vom 8. Juli 1871 wurden vom Bundesrat die Mit-
glieder für das neu ins Leben getretene Bundesamt für das Heimat-
wesen gewählt. 1) Von der Befugnis, die letztinstanzliche Entscheidung in
Streitsachen zwischen Armenverbänden eines und desselben Bundesstaates diesem
Amte zu übertragen, machten eine Reihe norddeutscher Staaten Gebrauch. )
Gewerbeordnung. Als in der Frühjahrssession des Reichstags ein
Antrag wegen einheitlicher Besteuerung des Hausirgewerbes in Deutsch-
land zur Verhandlung kam, brachte der Abgeordnete Dr. Braun eine seltsame
Bestimmung der bremischen Ausführungsverordnung zur deutschen Gewerbe-
ordnung zur Sprache, wonach den Hausirern für das Gebiet der Freien Stadt
Bremen das Betreten der Häuser ohne Erlaubnis der Eigentümer bei Strafe
untersagt war. Wie der Abgeordnete für Bremen, Mosle, mitteilte, schwebten
schon damals Verhandlungen über diesen Punkt zwischen dem Reichskanzler-Amt
und dem Bremer Senate. Dieselben führten aber zu keiner Verständigung,
worauf der Reichskanzler die Sache dem Bundesrat unterbreitete, dessen
Ausschuß für Handel und Verkehr sich nicht von der Zulässigkeit des bremischen
Verbots überzeugen konnte. Derselbe beantragte: „Der Bundesrat wolle seine
Ansicht dahin aussprechen, daß das in Bremen bestehende Verbot, fremde Woh-
nungen zum Zwecke des Gewerbebetriebes im Umherziehen ohne vorgängige Auf-
forderung oder Einwilligung der Bewohner zu betreten, mit den Absichten,
welche zur Feststellung des Tit. III der Gewerbeordnung in seiner jetzigen
Fassung geführt hatten, nicht im Einklang steht.“ Der Bundesrat trat dieser
Auffassung bei. 3)
Maaß= und Gewichtsordnung. Bei Beratung des von Bayern ein-
gebrachten Gesetzentwurfs wegen Einführung der deutschen Maaß= und Gewichts-
ordnung in Bayern (Gesetz vom 26. November 1871, Reichs-Gesetzbl. S. 397)
hatte der Bundesrats-Ausschuß einen Paragraphen vorgeschlagen, wonach die
nach Maßgabe der Maaß= und Gewichtsordnung vom 17. August 1868 außer-
1) „National-Zeitung“ Nr. 321 vom 13. Juli 1871, Nr. 309 vom 6. Juli 1871.
2) „National-Zeitung“ Nr. 325 vom 15. Juli 1871, Nr. 330 vom 18. Juli 1871,
Nr. 337 vom 22. Juli 1871, Nr. 361 vom 5. August 1871, Nr. 373 vom 12. August 1871.
3) Württemberg und Baden brachten im Bundesrat den Antrag wegen Einführung
der Gewerbeordnung vom 1. Januar 1872 ab ein. (Gesetz vom 10. November 1871, Reichs-
Gesetzbl. S. 392.) Ueber die Haltung Württembergs in dieser Frage vgl. die „National-
Zeitung“ Nr. 305 vom 4. Juli 1871, Nr. 491 vom 20. Oktober 1871. Beschluß des Bundes-
rats wegen Publikation der Namen der approbirten Aerzte und Apotheker s. „National-Zeitung“
Nr. 536 vom 15. November 1871. Antrag der preußischen Regierung auf Abänderung der
seitherigen Paßformulare s. „National-Zeitung“ Nr. 548 vom 22. November 1871.