Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Kommission der Wunsch des Anwaltstandes, an den Kommissionsberatungen 
teilzunehmen, sehr laut sich vernehmen ließ, und als selbst der Norddeutsche 
Reichstag sich diesen Wunsch angeeignet hatte, indem derselbe nach Be- 
schluß vom 10. Juni 1868 eine bezügliche Petition der Rechtsanwälte 
Fischer, Korb und Genossen zu Breslau dem Bundesrat „zur Berücksichtigung 
übergab. Demzufolge schlug der Ausschuß vor, eine neue Kommission nieder- 
zusetzen. 
Der Bundesrat genehmigte den Antrag des Justizausschusses. Am 7. Sep- 
tember 18711) wurde die Kommission durch den Königlich preußischen Justizminister 
Dr. Leonhardt als Vorsitzenden eröffnet. Derselbe machte ihr zuvörderst Mitteilung 
von folgendem an ihn gerichteten Schreiben des Reichskanzlers, d.#d. Gastein, 
den 4. September 1871: 
Als ich am 3. Januar 1868 die vom Bundesrat des Norddeutschen 
Bundes berufene Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Prozeß- 
ordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für die Staaten des Norddeutschen 
Bundes bei ihrem ersten Zusammentreffen willkommen hieß, deutete ich auf die 
Möglichkeit hin, daß auch die süddeutschen Staaten Veranlassung nehmen 
könnten, sich das Werk der Kommission anzueignen, und daß auf diese Weise 
eine Prozeßordnung für ganz Deutschland zu stande komme. Indem ich heute 
Eure Excellenz ganz ergebenst ersuche, die vom Bundesrat des Deutschen Reichs 
berufene Kommission für eine deutsche Zivilprozeßordnung an meiner Stelle zu 
begrüßen, kann ich das, was mir damals als eine mögliche Folge der bevor- 
stehenden Beratungen vorschwebte, mit lebhafter Genugthuung als die bestimmte 
Aufgabe der jetzt beginnenden Arbeiten bezeichnen. Der Größe dieser Aufgabe 
entspricht das Interesse des deutschen Volkes an der Einheitlichkeit einer in alle 
Verhältnisse des bürgerlichen Verkehrs eingreifenden Gesetzgebung, und der Lösung 
dieser Aufgabe wird der Dank der Nation gesichert sein. Ich bin gewiß, daß 
in den durch Einsicht und Sachkenntnis hervorragenden Männern, welche unter 
Eurer Excellenz bewährter Leitung zusammentreten, das Bewußtsein der natio- 
nalen Bedeutung des Werkes lebt, zu dessen Aufbau sie berufen sind, und ich 
schöpfe aus dieser Gewißheit die Zuversicht auf das Gelingen ihrer großen 
Aufgabe. 
v. Bismarck.2) 
1) Sie bestand für Preußen, außer dem Vorsitzenden, aus dem Geheimen Ober- 
Justizrat Dr. Falk, Ober-Tribunalsrat Freiherrn v. Diepenbroick-Grüter, Appellations= 
gerichtsrat Planck, Instizrat Dorn und Justizrat v. Wilmowski, sodann aus dem Königlich 
bayerischen Appellationsgerichtsrat und Referenten im Justizministerium Dr. Schmitt, dem 
Königlich sächsischen Geheimen Justizrat Abeken, dem Königlich württembergischen Ober- 
Tribunalsrat v. Kohlhaas, dem Großherzoglich badischen Ministerialrat Dr. Gebhard und 
dem Großherzoglich mecklenburgischen Geheimen Ministerialrat v. Amsberg. 
2) Ueber den weiteren Gang der Beratungen vergleiche die „National-Zeitung“ Nr. 421 
vom 9. September 1871.
	        
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