bemerkte alsdann der hessische Bevollmächtigte, daß ihm unmittelbar nach dem
Schlusse der vorigen Sitzung telegraphisch die Weisung zugekommen sei, der
Vorlage, betreffend die Ergänzung des Strafgesetzes, zuzustimmen. Gesetz, be—
treffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich, vom
10. Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 442).
Vollstreckung der Freiheitsstrafen. Der Beschluß des Bundesrats
auf die vom Norddeutschen Reichstage bei Annahme des Strafgesetzbuchs ge—
faßte Resolution, welche den Bundesrat aufforderte, auf einheitliche Bestim—
mungen über die Vollstreckung der Freiheitsstrafen, sowie Einsetzung einer obersten,
die Strafvollstreckung im ganzen Bunde beaufsichtigenden Behörde Bedacht zu
nehmen, ging dahin, „mit Rücksicht auf die gegenwärtige Lage der Strafprozeß-
gesetzgebung ohne materielle Prüfung dem Königlich preußischen Justiz-
minister die Resolution zur Kenntnisnahme zu überweisen."
Auslieferungsverträge mit Italien und Großbritannien. Die
italienische Regierung hatte bereits vor Gründung des Deutschen Reichs den
Wunsch ausgesprochen, mit dem Norddeutschen Bund einen Auslieferungs-
vertrag abzuschließen. Dabei hatte sich dieselbe bereit erklärt, den zwischen dem
Norddeutschen Bund und Belgien am 9. Februar 1870 abgeschlossenen Aus-
lieferungsvertrag den Verhandlungen zu Grunde zu legen. Da die vertrags-
mäßige Regelung dieser Materie zwischen dem Deutschen Reich und Italien
auch im deutschen Interesse nur wünschenswert erschien, so beschloß der Bundes-
rat in der Sitzung vom 1. Mai 1871 auf Antrag des Reichskanzlers und
nach Anhörung des Ausschusses für Justizwesen, sich mit dem Abschlusse eines
Auslieferungsvertrags mit Italien einverstanden zu erklären. Vertrag vom
31. Oktober 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 446).
Eine weitere Vorlage des Reichskanzlers betraf den Entwurf eines Aus-
lieferungsvertrags mit Großbritannien, das Resultat der über diesen Gegen-
stand auf Grund des Bundesratsbeschlusses vom 17. April 1871 gepflogenen
Verhandlungen. Der Entwurf schloß sich den Vorschriften des englischen Ge-
setzes über Auslieferung von Verbrechern (The Extradiction Act. 1870) in
allen wesentlichen Punkten an. Vertrag vom 14. Mai 1872 (Reichs-Gesetzbl.
S. 229).)
Seemannsordnung. In Bezug auf die Seemannsordnung, welche
in der letzten Plenarsitzung des Bundesrats im Jahre 1871 den Gegenstand
1) Eine Eingabe des Deutschen Handelstags, betreffend den Erlaß eines Gesetzes zum
Schutze der Handels= und Fabrikzeichen, beantragte der Ausschuß für Handel und Verkehr,
ablehnend zu bescheiden. Der eingehende Bericht darüber findet sich abgedruckt in der
„National-Zeitung“ Nr. 2 vom 3. Januar 1872.