Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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nicht die Notwendigkeit eintreten möge, von der Kreditbewilligung, wie sie der 
Entwurf in Aussicht nahm, im vollen Umfange Gebrauch zu machen. Aber 
die augenblickliche Lage mache es der Bundesverwaltung zur Pflicht, sich sowohl 
in Bezug auf die Höhe des Kredits als auch in Bezug auf die Modalitäten 
etwaiger weiterer Kreditoperationen diejenigen Vollmachten erteilen zu lassen, 
welche sie in den Stand setzen möchten, nötigenfalls allen Eventualitäten zu 
begegnen. Gesetz vom 26. April 18711) (Reichs-Gesetzbl. S. 91). 
Tabakmonopol. Ein von der württembergischen Regierung 
dem Bundesrat eingereichter Antrag auf höhere Besteuerung des Tabaks, 
eventuell Einführung des Tabakmonopols im Deutschen Reich, 
lautete wie folgt: 
Die Reichsfinanzen sind in dem 12. Abschnitte der Verfassung durch 
Art. 70 in der Weise geordnet, daß zur Bestreitung der gemeinschaftlichen Aus- 
gaben zunächst die etwaigen Ueberschüsse der Vorjahre, dann diejenigen Einnahmen 
dienen sollen, welche aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern 
sowie aus dem Post= und dem Telegraphenwesen fließen. Sovweit diese Ein- 
nahmen zur Deckung der Ausgaben nicht hinreichen, müssen die erforderlichen 
Mittel durch Beiträge der einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Be- 
völkerung aufgebracht werden. Allerdings ist die Einführung von Reichssteuern 
vorbehalten, und wird eine solche auf Grund des Gesetzes vom 10. Juni 1869 
in der Wechselstempelsteuer erhoben. 
Zu einem beträchtlichen Teile seines finanziellen Bedarfs ist indessen derzeit 
das Reich auf die Zuschüsse aus den Kassen der einzelnen Bundesstaaten an- 
gewiesen. Der ordentliche, durch die Erfüllung der verfassungsmäßigen Auf- 
gaben des Reichs bedingte Aufwand kann zu einem erheblichen Betrage aus den 
unmittelbaren Einnahmequellen des Reichs noch nicht bestritten werden. Der 
Finanzhaushalt des Reichs ist bis jetzt kein selbständiger, in sich abgeschlossener. 
Die Organe des Reichs beschließen über dessen Aufwand, über volkswirtschaft- 
liche Reformen auf dem Gebiete der gemeinschaftlichen Einnahmen, ohne sich 
zugleich auch der Sorge unterziehen zu müssen, die Mittel vom Reich aus voll- 
ständig herbeizuführen, deren Ergänzung sie vielmehr von den einzelnen Bundes- 
staaten verlangen können. 
Ein solches Verhältnis kann auf die Dauer weder dem Reich noch den 
einzelnen Bundesstaaten frommen. Den letzteren nicht, sofern ihre Budgets durch 
die Ausgaben für die Reichszwecke, auf deren Höhe sie unmittelbar einen 
bestimmenden Einfluß nicht haben, sehr erheblich belastet werden und ihnen über- 
haupt durch die fortgesetzte Abhängigkeit von den Anforderungen der Reichskasse 
1) Näheres über den Inhalt der Vorlage „National-Zeitung“ Nr. 174 vom 14. April 
1871 und „Vossische Zeitung“ Nr. 93 vom 14. April 1871.
	        
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