Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Monarchie erteilt habe, niemand vorzulassen, dränge sich doch der eine oder 
andere ein, um ihn zu stören. Gestern habe gerade ein fremder General, der 
ohne Zweifel für Geld sich den Zutritt bei einem seiner Diener erkauft habe 
(denn er wisse, daß er ums Geld gezeigt werde), im Vorzimmer gewartet, als 
er seinem Kanzleidiener mit einem „Schert Euch zum Teufel“ die Thüre gewiesen 
habe, was der General, dem es doch nicht gegolten, vielleicht auch auf sich 
bezogen habe. So fuhr er scherzweise fort, um zu zeigen, wie er von 
der Zudringlichkeit zu leiden habe und die kräftigsten Mittel zur Abwehr an- 
wenden müsse. „Aber, sagte er im Weggehen, „wenn Sie geschmälzte Knödel 
(Verwechslung mit unseren Spätzlen) bei mir essen wollen, so sind Sie 
mir stets willkommen. Auch der Pfannkuchen soll nicht fehlen.“ Ich werde 
heute, wie früher in Petersburg, am Familientische bei ihm speisen und 
freue mich, daß trotz der veränderten Stellungen das persönliche Verhältnis 
dasselbe geblieben ist, und während der Diplomat, wie alle anderen, von 
seinem Kabinet ausgeschlossen ist, ich als alter Bekannter wie ehedem auf- 
genommen bin.“ 
Einem zweiten, gleichfalls an Freiherrn von Varnbüler gerichteten Briefe 
Spitzembergs, d. d. 24. April 1870, entnehme ich noch folgende Stelle: 
„. .. Von Bismarck sind insofern gute Nachrichten da, als die Gelbsucht 
leicht auftritt und er bald hieher zu kommen gedenkt. Vorerst leidet er noch 
an gänzlicher Appetitlosigkeit, und wenn er nach Berlin kommt, wird er jeden- 
falls großer Schonung bedürfen. Wahrscheinlich wird er nach Karlsbad müssen 
und dann in Varzin ausruhen. Bis zu den Wahlen wird man dann nichts 
von ihm sehen."“ 
Der „Schwäbische Merkur“ hob in einem Nekrologe, dessen Verfasser der 
jetzige württembergische Finanzminister v. Riecke ist, hervor, daß seiner ruhigen 
und klaren Erkenntnis der Sachlage und seiner hierauf gegründeten stillen, ver- 
söhnlichen Thätigkeit nicht selten die Ausgleichung anfänglich kaum verträglich 
scheinender Interessen gelungen sei. Spitzemberg habe in Berlin einen Ver- 
trauensposten seltener Art eingenommen. Mochten ihn dafür vornehme Geburt, 
verwandtschaftliche und Freundesbeziehungen vor anderen besonders bestimmen, 
so brachte er dazu vielseitige Kenntnisse, ausdauernden Fleiß, umfassende Bildung, 
feinen Takt und einen unbedingt zuverlässigen Charakter als sein Eigenes mit. 
Wer neben ihm arbeiten durfte, der weiß außerdem noch seine Bescheidenheit 
und Selbstlosigkeit, seine Freundlichkeit und treue Kollegialität zu rühmen. Die 
vielen Landsleute, welche seit 1866 durch amtliche Aufträge oder in Erfüllung 
der Pflichten eines parlamentarischen Berufs nach Berlin geführt wurden, sie 
alle fanden bei ihm stets bereiten Rat und in seinem für sie offenen Hause 
eine Stätte, wo das Glück und der Frieden eines reinen Familienlebens herrschten,
	        
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