Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Rhetz, für Bayern: der Ober-Zollrat Keller, Freiherr v. Schleitheim, der 
Ober-Rechnungsrat Höß, der Ober-Rechnungsrat Landgraf und der Ober— 
Regierungsrat Riedel, für Königreich Sachsen: der Geheime Justizrat Held, 
für Württemberg: der Ministerialrat Heß und der Ober-Steuerrat Wintterlin, 
für Baden: der Geheime Finanzrat Lepique, für Oldenburg: der Geheime 
Ministerialrat Selkmann. 
Als die Hauptarbeiter des Bundesrats sind in dieser Session zu verzeichnen: 
Dr. Friedberg, Hasselbach, der bayerische Ministerialrat Berr, die Sachsen Held 
und Wahl, endlich Hofmann, v. Liebe, Oldenburg und Dr. Krüger. Delbrück 
mußte sich mehr auf die leitende Stellung zurückziehen; Referate zu über- 
nehmen, wie er es im Norddeutschen Bunde oft gethan hatte, ging nicht mehr an. 
Ueber die Art, wie Bismarck über die Stellung eines Bevollmächtigten 
zum Bundesrat und die Zusammensetzung desselben dachte, äußerte er sich auf 
der parlamentarischen Soirée vom 20. April 1872 dem verstorbenen lübeckischen 
Reichstagsabgeordneten Wichmann gegenüber: „Es ist doch angenehm, beim 
jedesmaligen Zusammentreten des Reichstags wieder alte Bekannte zu sehen; 
man hat dabei noch den Vorteil, aus Norden und Süden, von allen Seiten 
die verschiedenen Stimmungen und Wünsche immer frisch und neu kennen zu 
lernen. Das sollte eigentlich auch der Bundesrat leisten, aber der Vorteil 
geht bei seiner gegenwärtigen Zusammensetzung verloren. Ich halte es für 
einen großen Vorzug unserer Verfassung, daß das Reich aus sehr verschiedenen 
Staaten, großen und kleinen, besteht; der Bundesrat sollte nun die demnach 
verschiedenen Wünsche und Bestrebungen als ein Substrat des ganzen Reichs 
in einem Gesamtbilde zum Ausdruck bringen. Ich vermisse aber schmerzlich, 
daß die kleinen Staaten und ihre Vertreter dies nicht zu erkennen scheinen oder 
sich nicht offen auszusprechen wagen. Ich möchte in der That mehr Opposition 
haben und empfinde diese Zurückhaltung als einen Mangel an Vertrauen in 
meine ehrlichen Absichten. Es ist eigentlich ein Unglück, daß Preußen 1866 so 
groß geworden ist, und ich für meinen Teil hätte sehr gerne Hannover, Hessen 
und Nassau als souveräne Staaten erhalten gesehen. Aber es ging leider nicht. 
Die Dynastien waren ja ganz verkommen, sie waren nicht mehr in der Lage, 
ihre Stellung und ihre Aufgabe zu verstehen. Die Thorheit ging so weit, daß 
sie die Menschen einteilten in Männer, Weiber und Fürsten. Es hieß anfangs 
nach dem Frieden, der Kaiser habe die Absicht, mich mit einer ansehnlichen 
Dotation zu begnadigen und mich zum Herzog von Lauenburg zu machen. Ich 
hätte das sehr gerne gesehen und mich sehr gefreut, ein Stück souveränen 
Bodens unter den Füßen zu haben. Ich würde dann ganz anders aufgetreten 
sein, wenn ich als solcher Mitglied des Bundesrats geworden wäre. Im 
Bundesrat müßte wie im Hause der englischen Lords eine viel rücksichtslosere 
und festere Haltung der Einzelregierungen der Bundesregierung gegenüber sich 
geltend machen. Aber jetzt sitzen alte, geschulte Bureaukraten darin, die immer
	        
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