Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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erst hören wollen, wie die großen und mächtigen Staaten über die Sache denken. 
Warum könnte nicht zum Beispiel der Fürst von Schwarzburg-Rudolstadt ebenso 
oppositionell auftreten wie ein englischer Lord? Aber er fürchtet, wenn er zum 
Geburtstag des Kaisers oder zur Parade hierher kommt, von dem ein un- 
freundlich Gesicht zu sehen. Was kann ihn das viel kümmern? Ich würde 
mich außerdem gern verpflichten und alles dazu thun, daß mein gnädiger Herr 
von solchen Dingen, die im Bundesrat vorgehen, nichts erführe. — Mir wäre 
es ganz recht, wenn in den Bundesrat demokratische Krakehler gewählt würden, 
die, ohne Rücksicht auf Preußen zu nehmen, ihre Ansichten scharf und rück- 
haltslos aussprächen. Aus solchem Kampfe würde sich der große Vorzug, den 
nach meiner Ansicht unsere Verfassung hat, erst recht herausstellen, aber bei den 
Herren, wie sie jetzt sind, ist darauf nicht zu rechnen. Nun, mit der Zeit wird 
sich das auch wohl noch machen.“ 
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 25. Januar 1873 bemerkte 
Bismarck, der Zusammenhang zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen 
Ministerium würde dadurch in keiner Weise gestört werden, daß der erstere voll- 
ständig aufhört, Mitglied des preußischen Ministeriums zu sein. „Wie ist denn 
der Geschäftsbetrieb im Bundesrat? Die Faktoren, welche den Haupteinfluß 
auf die Vorbereitung der Vorlagen für den Reichstag haben, sind die Ausschüsse 
des Bundesrats. In jedem dieser Ausschüsse hat, wenn Se. Majestät der 
Kaiser es nicht ausdrücklich anders befiehlt, ein preußischer Minister, der be- 
treffende Minister des preußischen Ressorts, den Vorsitz, oder dieser Vorsitz wird 
ausgeübt durch einen der höchsten Vertrauensbeamten des Ministeriums. In 
der Sitzung des Bundesrats findet sich wieder das preußische Ministerium in 
seiner Majorität zusammen und arbeitet dort und in seinen Ausschüssen unter 
Vorsitz des Reichskanzlers mit den übrigen Ministern. Die Bänder, die beide 
Organisationen an einander befestigen, sind also viel stärker, als man äußerlich 
anzunehmen pflegt.“ — 
Die „National-Zeitung" hatte Mitte Dezember 1872 zu einem auswärtigen 
Blättern zugegangenen Telegramm die ganz beiläufige Bemerkung gemacht, daß 
dasselbe in der Fassung inkorrekt sei, da die Instruktion der preußischen 
Bundesratsstimmen nicht vom Minister des Auswärtigen, sondern vom 
Gesamtstaatsministerium ausgehe. Gegen diese Bemerkung richtete sich in der 
„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ ein durch den Druck als hochoffiziös an- 
gegebener und offenbar von der Preßstelle im Auswärtigen Amt ausgehender 
Artikel, welcher lautete: 
„Der Behauptung, welche die „National-Zeitung“ in ihrem gestrigen Abend- 
blatt aufgestellt hat, daß #die Instruktion der preußischen Bundesratsstimmen 
nicht vom Minister des Auswärtigen, sondern vom Gesamtstaats- 
ministerium ausgeht“, läßt sich der Reiz der Neuheit nicht absprechen; dagegen
	        
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