Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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entbehrt sie den Vorzug irgend welcher Begründung und steht mit den wirklichen 
Verhältnissen in offenkundigem Widerspruch. Zum Ressort des Ministers der 
auswärtigen Angelegenheiten in England wie in Rußland und überall sonst in 
der Welt gehört alles, was die Staaten nach außen angeht. Die wichtigsten 
Beziehungen des preußischen Staates nach außen betreffen seine Stellung zum 
Reich. Ihre Pflege bildet die hauptsächliche Obliegenheit des preußischen Ministers 
der auswärtigen Angelegenheiten. Wie von ihm die preußischen Gesandten ihre 
Weisungen empfangen, so ist es seines Amtes, die preußischen Bevollmächtigten 
im Bundesrat des Reichs dahin zu instruiren, in welchem Sinne die Stimmen 
Preußens dort abzugeben sind. Das ist vollkommen selbstverständlich. Innerhalb 
seines Departements, zu welchem die bezeichnete Funktion unzweifelhaft gehört, 
ist der preußische Minister des Auswärtigen nicht mehr, aber auch nicht minder 
selbständig wie jeder andere Ressortchef innerhalb seines Bereichs. Diese Selbst- 
ständigkeit findet ihre Grenze in denjenigen Fällen, wo das Vorgehen des 
einzelnen Ministers in außergewöhnlicher Weise den Staat im ganzen und 
großen tangirt. Solche Fälle ergeben sich in allen Ressorts; wenn die Aus- 
führung eines Eisenbahnnetzes, also eine Angelegenheit des Handelsministeriums, 
in Betracht kommt, können die Staatsinteressen in dem Grade berührt sein, 
daß der Handelsminister allein dafür die Verantwortung nicht zu übernehmen 
vermag und daher, um schwerem Vorwurf seitens seiner Kollegen vorzubeugen, sich 
genötigt erachten wird, diese Frage seines Ressorts im Ministerrate zur Sprache 
zu bringen und einen Staatsministerialbeschluß dieserhalb zu veranlassen; ebenso 
und aus keinem andern Grunde hat der Minister des Auswärtigen solche Fragen, 
wie über Schließung eines Vertrages oder über Krieg und Frieden, dem 
Gesamtministerium zur Entscheidung vorzulegen. Daß der preußische Minister 
der auswärtigen Angelegenheiten da, wo die Bevollmächtigten zum Bundesrat 
Dinge von großer Tragweite, deren Erledigung nicht in der Anwendung vor- 
handener gesetzlicher Bestimmungen vorgezeichnet ist, und die auf den preußischen 
Staat eine mächtige Rückwirkung üben, die Beratung der von ihm demnächst 
zu erteilenden Instruktion im Ministerrat anregt und eine Verständigung mit 
seinen Kollegen in Betreff dessen herbeizuführen sucht, was er den Bevoll- 
mächtigten dann zur Norm ihres Verhaltens zu machen hat, steht im Einklang 
mit seiner den übrigen Ministern ebenbürtigen Amtsstellung. Wäre er oder 
ein anderer Ressortchef in seiner eigenen Verwaltung nach der Meinung der 
Kollegen zu weit gegangen und hätte Entscheidungen getroffen, die nach Ansicht 
der übrigen von einem Beschluß des Gesamtministeriums hätten abhängig 
gemacht werden sollen, so würde diese vermeintliche oder wirkliche Eigenmächtigkeit 
nicht ohne Folgen bleiben für das fernere Zusammenwirken der Mitglieder des 
Staatsministeriums. Aber weder bevorzugt noch benachteiligt im Vergleich mit 
den sonstigen Departementschefs ist darin der Minister des Auswärtigen. Und 
dies gilt in Preußen unweigerlich für die Befugnisse des letzteren, sein Ressort
	        
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