Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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Bundesrat, Reichstag, Abgeordnetenhaus; auch wurde derselbe 1876 zum 
Kongreß nach Brüssel geschickt, welcher sich mit der Humanisirung des Krieges 
zu beschäftigen hatte. 
In seiner Eigenschaft als Mitglied des Bundesrats hatte Voigts-Rhetz den 
Vorzug, dem Fürsten Bismarck dienstlich und gesellschaftlich näher zu treten, 
und er hat sich seiner besonderen Gewogenheit jederzeit zu erfreuen gehabt. 
Namentlich trug sein Kommando nach Brüssel viel dazu bei, dem Fürsten näher 
zu treten, nicht bloß in den parlamentarischen Soiréen, sondern auch sonst in 
seinem Hause. 
Eines Tages war bei Tische die Rede von der polnischen Wirtschaft auf 
den polnischen Edelhöfen, und es kam dabei auch die Rede auf die Hofjuden. 
Der Fürst erzählte, daß diese Einrichtung gar nicht übel sei, und daß er selbst 
auch einen sogenannten Hofjuden — ich glaube er hieß Itzigsohn — gehabt, 
welcher ihm sehr ergeben und alles Mögliche und Unmögliche besorgt habe. 
So zum Beispiel habe er (der Fürst) während der Schonzeit dem Itzigsohn 
gegenüber einmal geäußert, daß er gar nichts zu schießen habe, da alle Katzen 
schon totgeschossen seien. Der Jude habe gesagt: „Wie haißt, Katzen so viele 
Sie wollen, werde ich bringen.“ Drei Tage später sei er vorgefahren, habe 
einen großen Sack, in dem es nur so gegrabelt habe, abgeladen, und seien 
darin anderthalb Dutzend der verschiedensten Katzen gewesen, welche von den 
Hunden gejagt, auf allen Bäumen im Garten gesessen, so daß er nun hübsche 
Jagd gehabt habe. 
In den parlamentarischen Abendversammlungen pflegte bekanntlich der Fürst 
in scheinbar harmloser Weise die ernstesten politischen Fragen mit Abgeordneten 
und Bundesratsmitgliedern zu besprechen. Er benutzte sie aber auch, um ge- 
legentlich einige Belehrungen und Zurechtweisungen an allerlei Persönlichkeiten 
zu richten. So hatte einer der Minister die Gewohnheit, in seinen Reden oft 
das „Ich“ statt „der Bundesrat“ oder „die verbündeten Fürsten“ zu verwenden. 
Artillerie versetzt, wurde derselbe 1863 in den Generalstab zurückversetzt und als Lehrer 
zur Kriegsakademie kommandirt. Dies war ihm für spätere Zeiten auch deshalb förderlich, 
weil daselbst die Vorträge frei gehalten zu werden pflegten, so daß er bei seiner parla- 
mentarischen Thätigkeit durch sprachliche Schwierigkeit weniger behindert wurde. Während 
des Feldzugs 1866 fand Voigts-Rhetz als Generalstabsoffizier bei der 2. Garde-Infanterie- 
division Verwendung, machte mit derselben die Schlacht von Königgrätz und mehrere Gefechte 
mit, wurde nach dem Feldzuge Chef des Generalstabs des 3. Armeecorps, wodurch er dem 
Prinzen Friedrich Karl, welcher dasselbe kommandirte, näher trat, nachdem er schon seit 
dem Jahre 1857 in seine kleinen Zirkel gezogen war. Den Feldzug 1870/71 machte er 
beim 3. Armeecorps in der Stellung als Generalstabschef desselben mit. 1879 schied der- 
selbe mit der Versetzung aus dem Kriegsministerium auch aus der politischen Thätigkeit, 
wurde Inspekteur der 4. Feldartillerie-Inspektion und 1882 Inspekteur der Artillerie. 1889 
schied er aus dem aktiven Dienst und lebt jetzt als Domherr des Hauptstiftes Naumburg 
in diesem Orte.
	        
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