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wiederholt persönlich teil, und wie er sich stets als einen der wärmsten Förderer
des nationalen Gesetzgebungswerkes erwies und es mit freudigem Stolze begrüßte,
daß er berufen war, im Jahre 1874 als Mitglied des Bundesratsausschusses
für Justizwesen das Referat über die Zivilprozeßordnung 1) zu erstatten, so war
er auch mit Umsicht und Ausdauer auf die Wahrung der besonderen Interessen
Bayerns sowie auf die Erhaltung der in diesem Volk eingewurzelten Ein-
richtungen bedacht. Seinen Bemühungen zumeist ist es zu danken, daß die
(in dem ersten Entwurf des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeß-
ordnung durch die sogenannten großen Schöffengerichte ersetzte) Institution der
Schwurgerichte in das neue Verfahren herübergenommen wurde und daß Bayern
seinen obersten Gerichtshof als „Oberstes Landesgericht“ beibehielt.
Die Aufzählung der unter Fäustles Amtsführung ins Leben getretenen,
das justizielle Gebiet berührenden Neuerungen wäre nicht vollständig, wenn
nicht des hervorragenden Anteils gedacht würde, den er an den Beratungen
über das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des
Personenstandes und die Eheschließung, genommen hat.
Große Verdienste erwarb sich Fäustle für sein engeres Vaterland durch
die im Gegensatz zu den ursprünglichen preußischen Vorschlägen überaus
günstige Regelung des Anteils Bayerns an der französischen Kriegskontribution.
Am 19. Dezember 1872 war Fäustle zum Diner beim Reichskanzler ein-
geladen.:2) Anwesend waren Fürst Bismarck mit Fürstin, Sohn und Tochter,
Minister v. Mittnacht aus Stuttgart, Minister Abeken aus Dresden, die
preußischen Minister Graf zu Eulenburg, Graf v. Itzenplitz, Camphausen, der
Präsident des Reichskanzler-Amts Delbrück, Ministerialrat Neidhardt aus Darm-
stadt, der Präsident des Abgeordnetenhauses v. Forckenbeck, Kabinetsrat v. Wil-
Dr. Hinschius-Völk, betreffend den Gesetzentwurf über die Beurkundung des Personenstands
und die Form der Eheschließung), an der Sitzung vom 24. und 25. November 1874 (Be-
ratung des Entwurfs eines Gerichtsverfassungsgesetzes nebst Einführungsgesetz), an der
Sitzung vom 12., 16. und 23. Januar 1875 (Beratung des Gesetzentwurfs über die
Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung). Desgleichen an den Verhand-
lungen der Reichs-Justizkommission über § 7 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungs-
gesetz („Kölnische Zeitung“ vom 14. Februar 1876 und „Augsburger Abendzeitung“ Nr. 46
vom 15. Februar 1876). Desgleichen an den Sitzungen des Reichstags vom 5. Juni 1872
bei Beratung des Antrags auf Unterstützung der Postbeamten, 17. Juni 1872 Jesuitengesetz,
21. Juni 1873 Vorlage des Spezialetats des bayerischen Kontingents zur Kenntnis des
Reichstags. Von bayerischen Verhandlungen in Reichsangelegenheiten, in welchen Fäustle
auftrat, erwähne ich den stenographischen Bericht über die Verhandlungen der bayerischen
Kammer der Abgeordneten vom 8. November 1873 (Antrag Völk-Herz auf Abänderung der
Nr. 113 des Art. 4 der Reichsverfassung) und Sitzung der Kammer der Reichsräte vom
4. Dezember 1873 (betreffend denselben Gegenstand).
1) Ueber das Fortschreiten seines Referats vgl. die „National-Zeitung“ Nr. 226 vom
16. Mai 1873, Nr. 234 vom 21. Mai 1873 und Nr. 292 vom 26. Juni 1873.
2) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.