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Um so herzlicher war nach dem Kriege vom Jahre 1866 der Empfang
bei den Fachkollegen Henning und Hasselbach, als der Abschluß der Ueberein—
kunft wegen einer gemeinschaftlichen Salzsteuer im März 1867 den württem-
bergischen Unterhändler nach Berlin führte. Jene hatten, im unbewußten Ein-
verständnisse mit den Bemühungen bei der Münchener Besprechung im Juni
1866, wenigstens den völligen Bruch auch der Zollvereinsverträge hinaus-
zuschieben und eben damit auch zu vermeiden verstanden, was jenem Schweizer,
dem Riecke im Juli 1866 bei Flüchtung der württembergischen Staatskasse auf
der Eisenbahn zwischen Zürich und St. Gallen begegnet war, die staunende
Bemerkung entlockte: „/'s sind doch komische Lüt, de Dütsche, se schießet uf
enander und nehmet doch 's Geld für enander i.“ Welche Einmütigkeit, die
ihren Ausdruck schließlich bei einem Diner von Delbrück fand, herrschte vom
Anfang bis zum Ende beim Abschließen des neuen Zollvereinsvertrages vom
8. Juli 1867 in weniger Tagen, als man sonst Monate gebraucht hatte!
„Ich gedenke ferner“ — so fährt Riecke in seinen Aufzeichnungen fort — „neben
mehreren vorangegangenen und nachfolgenden kürzeren Gesprächen, der einstündigen
Unterredung mit dem Grafen Bismarck am 12. März 1868 bei einem zu Ehren
des Prinzen Napoleon gegebenen Diner in Anwesenheit der Vertreter sämtlicher
deutschen Staaten; weiter der Eröffnung des ersten Zollparlaments und meiner
Vorstellung als Mitglied des Bundesrats beim König von Preußen durch Bis-
marck am 28. April 1868. Dann aber meine Fahrt von Stuttgart nach
Berlin, also immerhin durch einen größeren Teil von Deutschland, am 3. und
4. September 1870, als eben die Nachricht von der Schlacht bei Sedan sich
verbreitete, und am 6. September 1870 die Unterredung mit Delbrück, un-
mittelbar vor dessen Abreise nach Versailles. Letzterem sollte ich bei seiner Rück-
kehr von da wenige Monate später wieder begegnen auf der abenteuerlichen
Nachtfahrt mit Finanzminister Renner und Präsident Dillenius nach Appen-
weier und Bruchsal am 18. und 19. November 1870. Und über allem end-
lich des Kaisers Geburtstag in Berlin am 22. März 1871: in der Frühe der
Einzug der Berliner Landwehr, umdrängt von Weib und Kind, unter den
Klängen des freilich nur durch die Pfeifer ausgeführten Pariser Einzugsmarsches
von 1814; mittags die feierliche Gratulation des Bundesrats und die in ihrer
Einfachheit und Bescheidenheit doppelt ergreifende würdige Antwort des Kaisers;
abends das Fest im Palais; — dann am 16. Juni 1871 der Siegeseinzug
der Truppen in Berlin!
Von den preußischen Kollegen habe ich außer den bereits genannten noch
besonders zu erwähnen den Generalsteuerdirektor v. Pommer-Esche, ferner Max
v. Philipsborn, Scheele, Moser, Günther und Burghardt. Ich kam in Be-
rührung mit den Finanzministern Bodelschwingh, von der Heydt und Camp-
hausen, war Zeuge, wie Falk und Achenbach Minister wurden, lernte namentlich
auch Stephan noch kennen, hatte mit den Generalen v. Kameke und v. Stiehle