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6. Hessen.
Ministerialrat Dr. Neidhardt))
(geboren 10. November 1831)
gehört seit seiner am 3. Oktober 1872 erfolgten Ernennung zum Bevollmächtigten
zum Bundesrat bis auf den heutigen Tag ununterbrochen dieser Körperschaft an.
Neidhardts Thätigkeit daselbst liegt hauptsächlich in der Beteiligung an den Arbeiten
der Ausschüsse, für welche er in den ersten acht bis neun Jahren zahlreiche Berichte
zu erstatten hatte; von größeren Referaten hat derselbe nur noch dasjenige über
den Militäretat beibehalten. Durch seine großen Kenntnisse, seine Loyalität und
persönliche Liebenswürdigkeit sowie durch seinen politischen Takt hat er sich im
Bundesrat eine Stellung geschaffen, um die ihn mancher seiner Kollegen beneiden mag.
Dienstliche Unterredungen hat Neidhardt mit Bismarck nicht gehabt, aber
bei Gelegenheit der dem Bundesrat und dem Reichstag gegebenen Gesellschaften
viel in seinem Hause verkehrt. Eine Wolke hat sich über das sonst stets gute
Verhältnis nur kurze Zeit gezogen, da der Kanzler dem hessischen Gesandten
wegen der Abstimmung über den Quittungsstempel im Jahre 1880 grollte.
Fürst Bismarck ließ sich aber später gerne überzeugen, daß der Gesandte genau
nach seinen Instruktionen gehandelt hatte, und daß demselben überhaupt nichts
entfernter lag, als ihm Opposition zu machen. Von da ab war das Verhältnis
wiederum ein so freundliches wie ehedem.
7. Sachsen-Coßurg-Gotba.
Staatsminister Freiherr v. Seebach. 2)
Aus dem Briefwechsel desselben mit seiner Tochter Wanda v. Koethe mögen
folgende Auszüge hier Platz finden.
1) Karl v. Neidhardt, geboren in Alsfeld, Großherzogtum Hessen, Sohn des damaligen
Landrats, späteren Ober-Studiendirektors des Bezirks Alsfeld. Gymnasium in Darmstadt.
Universitäten Gießen (Corps Teutonia) und Heidelberg (Corps Rhenania) Herbst 1849 bis
Frühjahr 1853. Fakultätsexamen und Promotion als Dr. jur. utr. Frühjahr 1854.
Staatsprüfung nach zweijährigen Vorbereitungsaccessen in Justiz und Verwaltung Früh-
jahr 1856. April 1856 bis Oktober 1858 beschäftigt beim Stadtgericht Darmstadt in
Zivil= und Kriminalsachen. Oktober 1858 bis April 1861 beschäftigt in der Advokatur
6. April 1861 Verwendung beim Großherzoglichen Ministerium des Großherzoglichen
Hauses und des Aeußern. 1. November 1861 Anstellung daselbst als Ministerial-Sekretariats-
Accessist. September 1864 Ministerialsekretär 2. Klasse. Oktober 1866 Ministerialsekretär
1. Klasse. Mai 1867 Legationsrat. Oktober 1868 vortragender Rat mit Titel Geheimer
Legationsrat. April 1870 Ministerialrat. 1871—1876 Mitglied der Zentralkommission
für die Rheinschiffahrt. Juni 1876 Ernennung zum außerordentlichen Gesandten und
bevollmächtigten Minister am Königlich preußischen Hof. 1878 Titel Staatsrat. 1884 Er-
nennung zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Excellenz. 27. Januar 1896
Erhebung in den erblichen Adelstand des Großherzogtums Hessen.
2) Vgl. oben S. 201.