Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

— 301 — 
erschienen, während die Einzelregierungen nicht wüßten, wie weit sie in der 
Beantwortung gehen dürften, abgeschnitten würden. ) 
Der Bundesratsausschuß für die Geschäftsordnung, welcher mit der 
Berichterstattung über den Antrag betraut worden war, stellte den Antrag, der 
Geschäftsordnung, wie sie durch die Beschlüsse vom 27. Februar 1871 und 
vom 25. März 1872 festgestellt war, folgende Bestimmungen hinzuzufügen: 
„5) Veröffentlichung der Verhandlungen. 8 22. Unnmittelbar nach 
jeder Sitzung des Bundesrats wird ein Bericht, welcher die Gegenstände der 
Verhandlung und den wesentlichen Inhalt der Beschlüsse kurz zusammenfaßt, 
durch den ‚Reichsanzeiger‘ zur allgemeinen Kenntnis gebracht. — § 23. In 
größeren Zeitabschnitten wird eine für die Oeffentlichkeit bestimmte Ausgabe der 
Bundesratsverhandlungen, welche den Inhalt der Protokolle und der Druck- 
sachen, soweit sich dieselben zur Veröffentlichung eignen, enthält, durch das 
Reichskanzler-Amt, im Einvernehmen mit dem Ausschusse für die Geschäfts- 
ordnung, veranstaltet."“ 
Die vorstehend formulirten Anträge wurden vom Bundesrat mit der Maß- 
gabe angenommen, daß mit dieser Veröffentlichung in der nächsten Session be- 
gonnen werden sollte. 
Auch der Reichstag drängte gleichzeitig auf größere Publizität der Bundes- 
ratsverhandlungen. So beschloß derselbe am 12. Juni 1872, an den Reichs- 
kanzler das Ersuchen zu richten, dem Reichstag die von dem Bundesrat ge- 
faßten Entschließungen auf die von dem Reichstag beschlossenen Gesetzentwürfe 
und Anträge spätestens bei Beginn der nächsten Session in schriftlicher Form 
mitzuteilen.7 
Einen großen praktischen Erfolg hatte der obenerwähnte Bundesratsbeschluß 
nicht. Die Referate im „Reichsanzeiger“ bewegten sich nach wie vor in engen 
1) Die „National-Zeitung“ Nr. 187 vom 18. April 1872 schrieb hierzu: Dem An- 
trag ist auf das dringendste die Zustimmung des Bundesrats zu wünschen. Der jetzige 
Zustand, wo über die im Bundesrat schwebenden wichtigen Angelegenheiten das öffentliche 
Interesse auf mehr oder minder gewagte Kombinationen angewiesen ist, ist unerträglich. 
Die Presse insbesondere, welche die Pflicht hat, dem natürlichen Verlangen der Nation, 
über die Stellung und Thätigkeit der Regierungen unterrichtet zu werden, Genüge zu thun, 
kann jetzt nicht anders als die ihr bruchstückweise zufließenden, meist der Zuverlässigkeit 
entbehrenden Andeutungen und Notizen wiedergeben und durch deren wiederholte und 
mannigfache Zusammenstellung ein Bild von den Absichten und Leistungen der Regierungen 
hervorrufen, von welchem sie sich selbst sagen muß, daß es durchaus zweifelhafter Natur 
ist. Die Schuld dafür bleibt allein auf den Bundesregierungen haften, deren amtliche 
oder offiziöse Veröffentlichungen über die Bundesratssitzungen noch hinter denen des be- 
grabenen Frankfurter Bundestags zurückbleiben. 
2) Die stets gut unterrichtete „Spenersche Zeitung“ wußte zu berichten, daß der würt- 
tembergische Antrag von Bayern unterstützt und auch von Preußen demselben zugestimmt 
wurde. Vgl. auch die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 91 vom 19. April 1872, 
Nr. 128 vom 5. Juni 1872, Nr. 144 vom 23. Juni 1872, Nr. 157 vom 9. Juli 1872.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.