Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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beidemal sollte versucht werden, ob nicht eine größere handelspolitische Einigung 
mit Oesterreich herzustellen wäre. Kalchberg wurde kurz darauf provisorischer 
Handelsminister, war aber schon ein etwas älterer Herr, freundlich, gemütlich, 
freilich ohne große Kenntnisse und energielos. Zu seiner Unterstützung hatte er 
einen Sektionsrat Maier bei sich, einen Zollmenschen, der „schon auf seiner 
22. Station“ angestellt war. „Wo Sie den Mann angreifen, springt gleich 
eine Zahl heraus. Der sollte uns nun den neuen österreichischen Zolltarif- 
entwurf erklären. Er sagte: „Der österreichische Tarif, meine Herren, ist gerad 
eingericht'", wie der Mensch lebt. Zuerst fragt der Mensch, was ißt er, was 
trinkt er, womit er sich kleidet, und zuletzt kommen immer die Abfälle. Bei 
Ihnen (im deutschen Zolltarif) ist's gerade verkehrt, da fängt's mit den Abfällen 
an." Wie Kalchberg selbst über die Zölle dachte, dafür ist mir nur die eine 
Aeußerung noch gegenwärtig über die ersten Bogen des bekannten Mohlschen 
Berichts wegen des französischen Handelsvertrages: „Der Mohlsche Bericht macht 
auf mich den Eindruck, als wäre das der Grabgesang auf das Schutzzollsystem. 
Mit solchen Dingen kommt man jetzt nicht mehr aus.“ So wenig als mit 
Kalchberg war drei Vierteljahr später mit Peter und Günther etwas zu erzielen. 
Man hatte diesen vor ihrer Abreise von Wien kaum Zeit gelassen, sich mit dem 
Inhalte ihres Auftrags bekannt zu machen, und so lange sie in München weilten, 
schlug die Stimmung an maßgebender Stelle zu Wien mehrmals um.“ 
Von Karlsruhe, wohin Riecke durch amtliche Aufträge von 1862 bis 
1870 gleichfalls siebenmal geführt wurde, weiß derselbe weniger zu erzählen. 
„Ich verkehrte im Finanzministerium zuerst mit Vogelmann, später mit Mathy, 
zuletzt mit Ellstätter, — außerdem mit den Ministerialräten Schmidt, Regen- 
auer, Eisenlohr, Kilian, einmal auch mit dem alten Kühlenthal. Auch bei 
Baron Edelsheim, der im Jahr 1866 das auswärtige Ministerium übernommen 
hatte, mußte ich wegen Erlassung eines Pferdeausfuhrverbots einmal vorsprechen, 
wogegen ich mit Roggenbach erst in Berlin bekannt wurde. 
„Mit Berlin, München und Karlsruhe sind die Hauptzielpunkte meiner zoll- 
diplomatischen Missionen kurz bezeichnet. Die beiden erstgenannten Städte, 
zuletzt Berlin allein, waren vorzugsweise der Boden, auf welchem meine Wander- 
jahre sich bewegt, wohin hauptsächlich meine geschäftlichen Gedanken und berufs- 
mäßigen Sorgen gravitirt haben. Es knüpft sich aber daran zugleich auch die 
Erinnerung an gar viele dort gewonnene werte Bekannte und liebe Freunde: 
außer den schon genannten an die württembergischen Gesandten in Berlin und 
München, vor allem an den Freiherrn von Spitzemberg und dessen Familie, 
an die Grafen v. Linden und v. Degenfeld, an Baron Soden und Herrn 
v. Baur, ferner an den Staatsminister Freiherrn v. Linden, sowie die Herren 
Bätzner, Bitzer und Gleich, mit denen zu verschiedenen Zeiten ich im Bundes- 
rat zusammengesessen; — und nun von den auswärtigen Kollegen: die Sachsen 
Thümmel, Weinlig, Schmalz, Wahl; die Hannoveraner: der zähe Herr v. Bar,
	        
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