Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Zweiter Band. Der Bundesrat des Zollvereins (1868-1870) und der Bundesrat des Deutschen Reichs (1871-1873). (2)

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eine entgegenkommende Erklärung abgegeben hatte, ohne weitere Debatte ein- 
stimmig, den unter den Bundesstaaten zu verteilenden Betrag der französischen 
Kriegsentschädigung zu drei Vierteilen nach dem Maßstabe der mili- 
tärischen Leistungen, ausgedrückt in dem durchschnittlichen Effektivstande an Mann- 
schaften und Pferden mit Wertsunterscheidung zwischen immobilen und mobilen 
Truppen, zu einem Vierteile nach der Bevölkerungszahl zur Verteilung 
zu bringen. Die Wertsunterscheidung zwischen immobilen und mobilen Truppen 
war schon im vorigen Frühjahr auf Anregung Württembergs angenommen 
worden. Mit ihren Bemühungen, auch den Maßstab der Bevölkerungszahl 
zur Geltung zu bringen, war damals die württembergische Regierung nicht 
durchgedrungen. Um so erfreulicher war die jetzige endliche Erledigung der 
Frage, durch welche die guten Beziehungen im neuen Reiche nur befestigt werden 
konnten. 
Ueber die Entstehung der Vereinbarung in der entscheidenden Bundesrats- 
sitzung ist noch folgendes zu bemerken: Die Zustimmung Preußens, dessen 
Opfer sich auf circa 5 Millionen Thaler belief, beruhte nicht auf den für den 
Antrag geltend gemachten, nach der Ansicht Preußens nicht zutreffenden Gründen, 
sondern auf der Würdigung der Thatsache, daß ein Teil der verbündeten Re- 
gierungen das unbedingte Festhalten des Maßstabes der militärischen Leistungen 
als eine nicht berechtigte Beeinträchtigung auffaßte, und auf dem Wunsche, in 
dem Bundesverhältnis einer solchen Auffassung keinen Raum zu lassen. Der 
Staatsminister Dr. Fäustle gab die Erklärung ab, daß er es vor allem als 
seine Pflicht erachte, den Gesinnungen freudiger Anerkennung der loyalen Berück- 
sichtigung der Verhältnisse und Wünsche der süddeutschen Staatengruppe Aus- 
druck zu geben und daß diese Art der Erledigung des Gegenstandes nur dazu 
beitragen könne, die Festigkeit des nationalen Bandes in dem Maße zu stärken, 
wie es für ein gesundes Gedeihen und die dauernde Größe des Reichs nur 
immer erstrebt werden könne. Demnächst sprach der Minister Dr. Fäustle den 
Wunsch aus, daß, wenn einzelne Staaten — sei es bei bisherigen Verteilungen 
oder infolge der auf Abrechnung erfolgten Ueberweisung von Gold an die 
Münzstätten — bereits größere Beträge erhoben hätten, als ihnen nach dem zu- 
nächst in Anwendung kommenden Verteilungsmaßstabe zukommen, und wenn 
die zurzeit weiter verteilbare Masse die sofortige Ausgleichung nicht zuließe, 
doch eine effektive Rückzahlung nicht stattfinden solle, sondern nur der betreffende 
Staat bei neuen Verteilungen frühere Mehrempfänge sich anrechnen zu lassen 
habe. Die Bevollmächtigten für Württemberg, Baden und Hessen 
schlossen sich dieser Erklärung an. — Nachdem der Vorsitzende konstatirt 
hatte, daß, dem von dem bayerischen Bevollmächtigten ausgedrückten Wunsche 
entsprechend, Herauszahlungen empfangener Beträge nicht stattzufinden haben 
würden, die erforderliche Ausgleichung vielmehr bei der in Aussicht stehenden 
weiteren Verteilung zu bewirken sei, war das allseitige Einverständnis über den
	        
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