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eine entgegenkommende Erklärung abgegeben hatte, ohne weitere Debatte ein-
stimmig, den unter den Bundesstaaten zu verteilenden Betrag der französischen
Kriegsentschädigung zu drei Vierteilen nach dem Maßstabe der mili-
tärischen Leistungen, ausgedrückt in dem durchschnittlichen Effektivstande an Mann-
schaften und Pferden mit Wertsunterscheidung zwischen immobilen und mobilen
Truppen, zu einem Vierteile nach der Bevölkerungszahl zur Verteilung
zu bringen. Die Wertsunterscheidung zwischen immobilen und mobilen Truppen
war schon im vorigen Frühjahr auf Anregung Württembergs angenommen
worden. Mit ihren Bemühungen, auch den Maßstab der Bevölkerungszahl
zur Geltung zu bringen, war damals die württembergische Regierung nicht
durchgedrungen. Um so erfreulicher war die jetzige endliche Erledigung der
Frage, durch welche die guten Beziehungen im neuen Reiche nur befestigt werden
konnten.
Ueber die Entstehung der Vereinbarung in der entscheidenden Bundesrats-
sitzung ist noch folgendes zu bemerken: Die Zustimmung Preußens, dessen
Opfer sich auf circa 5 Millionen Thaler belief, beruhte nicht auf den für den
Antrag geltend gemachten, nach der Ansicht Preußens nicht zutreffenden Gründen,
sondern auf der Würdigung der Thatsache, daß ein Teil der verbündeten Re-
gierungen das unbedingte Festhalten des Maßstabes der militärischen Leistungen
als eine nicht berechtigte Beeinträchtigung auffaßte, und auf dem Wunsche, in
dem Bundesverhältnis einer solchen Auffassung keinen Raum zu lassen. Der
Staatsminister Dr. Fäustle gab die Erklärung ab, daß er es vor allem als
seine Pflicht erachte, den Gesinnungen freudiger Anerkennung der loyalen Berück-
sichtigung der Verhältnisse und Wünsche der süddeutschen Staatengruppe Aus-
druck zu geben und daß diese Art der Erledigung des Gegenstandes nur dazu
beitragen könne, die Festigkeit des nationalen Bandes in dem Maße zu stärken,
wie es für ein gesundes Gedeihen und die dauernde Größe des Reichs nur
immer erstrebt werden könne. Demnächst sprach der Minister Dr. Fäustle den
Wunsch aus, daß, wenn einzelne Staaten — sei es bei bisherigen Verteilungen
oder infolge der auf Abrechnung erfolgten Ueberweisung von Gold an die
Münzstätten — bereits größere Beträge erhoben hätten, als ihnen nach dem zu-
nächst in Anwendung kommenden Verteilungsmaßstabe zukommen, und wenn
die zurzeit weiter verteilbare Masse die sofortige Ausgleichung nicht zuließe,
doch eine effektive Rückzahlung nicht stattfinden solle, sondern nur der betreffende
Staat bei neuen Verteilungen frühere Mehrempfänge sich anrechnen zu lassen
habe. Die Bevollmächtigten für Württemberg, Baden und Hessen
schlossen sich dieser Erklärung an. — Nachdem der Vorsitzende konstatirt
hatte, daß, dem von dem bayerischen Bevollmächtigten ausgedrückten Wunsche
entsprechend, Herauszahlungen empfangener Beträge nicht stattzufinden haben
würden, die erforderliche Ausgleichung vielmehr bei der in Aussicht stehenden
weiteren Verteilung zu bewirken sei, war das allseitige Einverständnis über den